Zustand des Lipödems nach Liposuction

  • Hallo,

    ich habe Mitte Februar diesen Jahres an meinen Lipödem-Beinen eine Liposuction durchführen lassen (Steckbrief vor OP: 62kg, 1,65m, schlanker Oberkörper, zunehmend dick gewordene Beine). Unter Vollnarkose wurden ca. 3,8 Liter Fett entfernt von den Fesseln bis zum Gesäß (ohne diese). Die Einstichstellen wurden genäht, sind aber inzwischen nur sehr verblasst sichtbar. Ich war mit dem Ergebnis überglücklich, konnte nicht glauben, dass ich so etwas wie Fesseln hatte. Mein Wadenumfang schrumpfte von 46cm auf 40cm, ich hatte insgesamt plötzlich normal-schlanke Beine, man konnte auch Knie erkennen. Über diese abgesaugten 3,8 Liter habe ich auch weitere 3 kg abgenommen ohne groß meine Lebens- oder Ernährungsgewohnheiten umzustellen.

    Was mich in den letzten Wochen immer stärker beunruhigt ist jedoch, dass ich das Gefühl habe, dass mein Beinumfang, v.a. an den Fesseln und Waden, wieder zunimmt, obwohl ich gewichtsmässig nicht zunahm. Zumindest erscheinen die Beine nicht mehr so dünn wie in den Wochen direkt nach der Operation. Ich trage nach wie vor täglich ganz konsequent Kompressionsbestrumpfung der Klasse 2 am ganzen Bein, benutze 1-2x in der Woche das Lymphapressgerät. Die Stellen am Bein, die mir geschwollener als nach der Operation vorkommen, sind sehr weich. Mit meinen 40 Jahren hatte ich Angst, dass die Haut sich nach der Operation nicht zusammenziehen würde, wobei mein Arzt dem entschieden widersprach. Wenn ich aber z.B. die Fersen hochlege, dann hängen meine Waden 'leer' herunter. Mein Arzt meinte, dass die Heilung aus ärztlicher Sicht bis zu einem Jahr nach der Operation dauern könne.

    Meine Fragen:
    1) Sind dieses Wiederanschwellen der Beine und 'Hängen' der Haut normale Phasen eines Heilungsprozesses, oder etwas anderes?
    2) Gibt es Aussicht darauf, dass die Beine nicht mehr anschwellen und die Haut sich zusammenzieht?
    3) Wie, mit welchen Mitten kann ich den Heilungsprozess beschleunigen?
    4) Wann, nach welchen Anzeichen, kann ich das Tragen Kompressionsbestrumpfung beenden?

    Ich bin dankbar für jede Antwort, auch Erfahrungsberichte mit ähnlichem Hintergrund.

    Viele Grüße,
    Gisah

  • Hallo Gisah,

    die Wundheilung nach Liposuktion dauert insgesamt mehrere Monate. Direkt nach dem Eingriff sind die Beine immer recht schlank; dann kommt eine Ödemphase, meist so nach 1-2 Wochen, die in den meisten Fällen nur einige Tage dauert. Diese Phase kann aber auch wesentlich länger sein. Dann kommt eine Narbenphase; diese dauert meist so 1-2 Monate, manchmal auch länger. In dieser Phase ist die Haut meist noch relativ hart und stramm. Besonders am Bauch wird das von vielen Frauen als sehr angenehm empfunden. Dann kommt die "Normalisierungsphase", wo sich die Narben langsam wieder zurückbilden. Danach ist die Haut weicher. Manchmal tritt dann in dieser Phase eine leichte Faltenbildung auf, bis sich - wieder nach mehreren Monate - diese verbessert oder zumindest verbessern kann.
    Es wird gesagt, daß man vor Ablauf von 6 Monaten das Ergebnis eigentlich noch nicht als Dauerzustand ansehen darf.

    Wenn nun in dieser Phase ein heißer Sommer ist, kann es sein, daß wieder eine Schwellneigung sichtbar ist. Dies kann dann nur mittels konservativer Maßnahmen wie Lymphdrainage und Kompression verbessert werden.

    Unsere Erfahrungen zeigen, daß zwar ALLE Patienten eine Besserung der Schwellneigung postoperativ hatten, es aber immer mal wieder Phasen gab, wo Ödeme stärker auftreten können.

    Beschleunigen kann man den Heilungsprozess durch aktive Maßnahmen wie Sport, insbesondere Schwimmen und regelmäßigen Bewegungen wie laufen, joggen, Fahrrad fahren etc.; dies wird zumindest empfohlen.

    Das Beenden der Bestrumpfung ist abhängig von der verbliebenen Ödemneigung. Da gibt es keine festen Zeiten, dies muß individuell entschieden werden und ist auch individuell unterschiedlich.

    Beste Grüße

    Prof. Dr. W. Schmeller

  • Hallo Dr Schmeller,

    vielen Dank für Ihre detaillierte Antwort, die meine Sorgen verringert. In Ihren beschriebenen Phasen kann ich meinen eigenen Heilungsverlauf wiedererkennen. Vor allem erinnere ich mich nun nach Ihren Worten sehr gut an die herrliche Narbenphase; wenn ich damals gewußt hätte, wie kurz diese Phase ist, hätte ich nach Mitteln gefragt, die sie verlangsamen... Nach Ihren Ausführungen müsste ich mich nun am Anfang der Normalisierungsphase befinden. Vielen Dank auch für Ihren wertvollen Tipp; seit der OP habe ich sportliche Tätigkeiten vernachlässigt. Ich werde diesen nun wieder regelmäßiger nachgehen, mit Bestrumpfung.

    Freundliche Grüße,
    Gisah

  • Hallo Gisah,
    aus der Antwort von Prof. Schmeller spricht seine Erfahrung. Sie läßt Raum für individuell unterschiedliche Prozesse nach der Liposuktion.
    Ich gehe sogar soweit zu sagen, die Wundheilung nach einer Liposuktion ist erst nach 2 Jahren wirklich abgeschlossen. Das allerdings merkt kaum ein Patient. Nur histologisch kann das gesehen und bewiesen werden. Das bedeutet, so lange kann sich noch etwas nach der Operation an der Haut verändern.
    Zur wichtigen Ernährung, die Prof. Schmeller nicht ansprach, kann ich noch etwas anfügen:
    Ich habe mehrfach über unsere Erfahrungen im Zusammenhang Gewebebeschaffenheit, Haut und Ernährung hier und im Venenforum berichtet. Ich glaube nach über 10 Jahren intensiver medizinischer Ernährungsberatung und nach über 8.000 Messungen der Körperzusammensetzung (zu einem großen Teil bei Patienten mit Wunsch nach operativer Körperformung aller Art) zu wissen, dass eine Ernährung mit etwa 25 Ernergie-Prozent Fett, etwa 15 Energie-Prozent Eiweiß und etwa 60 Energie-Prozent Kohlehydrate (davon bitte nicht mehr als 6% Monosaccharide einfache, meist süsse Zucker) zu einer optimalen, „festen“ Gewebebeschaffenheit und zu einer Top-Figur führen kann. Natürlich ist die angemessene Bewegungssteigerung hilfreich aber nicht Bedingung.
    Weil das Ganze sehr theoretisch klingt und für einen Patienten kaum aus dem Stand umzustzen ist, haben wir ein hilfreiches Konzept entwickelt. Wir optimieren unseren Patienten ihr eigenes Wunschessen. Im Ergebnis bekommt jeder einer berechnete Portionsliste für einen beliebig langen Zeitraum, vorschlagsweise für eine Woche. Alles was über zwei Wochen geht artet in richtige Arbeit für den Patienten aus.
    Der Patient sieht so – manchmal erstmalig in seinem Leben – wie eine kalorisch und in ihrer Zusammensetzung optimierte Ernährung aussehen kann, wie lecker, abwechslungsreich und nachvollziehbar. Und wie wirkungsvoll.
    Auch habe ich hier im Forum schon angesprochen, warum überschüssiges, zwischen den Zellen liegendes Wasser mit der falschen Ernährungszusammensetzung entsteht und umgekehrt mit korrigiertem Essverhalten binnen kurzer Zeit wieder ausgeschieden wird. Das haben wir oft bei Messungen nach Korrektur ungünstiger Ernährungsgewohnheiten gesehen.
    Sie sehen, vieles hängt von Ihnen ab. Sie können die weitere Entwicklung günstig beeinflussen. Nur gewußt wie.
    Alles Gute
    Dr. med. Michael Meinking