1. Transplantation von Lymphgefäßen (Lymphkollektoren)
Dieses Verfahren scheint wohl v. a. für sekundäre Lymphödeme geeignet, und zwar v. a. dann, wenn sie noch nicht allzu lang bestehen (6-12 Monate). Dann sollen sehr gute Erfolge erzielt werden: 1/3 der Patienten praktisch geheilt, ein Drittel kann konservative Behandlung erheblich reduzieren, ein Drittel keine Veränderung; Verschlechterungen drohem demnach nicht. Die Kosten werden von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen.Bei primären Lymphödemen soll diese Technik bei "einseitiger lokalisierter Fehlanlage (hypoplasie, Aplasie) des Lymphgefäßsystems im Becken- oder Leistenbereich angezeigt sein" können.Für Betroffene mit primären Beinlymphödemen scheint sie danach leider nicht in Betracht zu kommen.
2. Lymphknoten-Transplantation
Diese Technik wurde 1980 außerhalb Deutschlands entwickelt und setzt eine hohe Erfahrung mit Supermirkochirurgie voraus. Die "Entwicklerin" Dr. Corinne Becker soll sehr gute Erfolge angeben: Nach einer Beobachtungszeit von fünf Jahren soll sich bei 40 % der Patienten das Lymphödem vollständig zurückgebildet haben, bei 24 % zu mehr als der Hälfte, bei ebenfalls 24 % zu weniger als der Hälfte. Bei 2 % konnte keine Verbesserung festgestellt werden. Verschlechterungen sollen nicht festgestellt worden sein. Auch diese Operation ist eine Kassenleistung.
3. Lympho-venöse Anastomose
Hierbei werden künstliche Verbindungen zwischen Blut- und/oder Lymphgefäßen hergestellt. In der Folge erhöht sich offenbar das Risiko von Erysipelen, so dass Antibiotika stets griffbereit sein müssen. Angaben über Erfolg bzw. Misserfolg sollen stark auseinander gehen. In Deutschland werde diese Technik etwa bei Patienten mit einem Arm-Lymphödem mit starker Beteiligung der Hand oder mit Genital-Lymphödem angewandt. Bei Beinlymphödemen soll sie nicht möglich sein ("zum Scheitern verurteilt"), weil der venöse Blutdruck in den Beinen stark schwankt.
Kann man danach grobe Anhaltspunkte ("Faustregeln") schlussfolgern, für wen eine bzw. welche Art von OP in Betracht kommt bzw. nicht in Betracht kommen könnte? (Arm- vs. Beinlympödem, primär, sekundär, Umfang des Ödems, Alter des Patienten....)
Nach meinem bisherigen (laienhaften) Verständnis würden diese wie folgt lauten:
- Sekundäre Lymphödeme sind gut mit Varianten 1 und 2 operabel, bei beachtlicher Aussicht auf Heilung.
- Primäre Lymphödeme sind nur ausnahmsweise mit Variante 1, wohl aber mit Variante 2 operabel.
- Variante 3 scheint nur besonderen Konstellationen angezeigt (Genitalödem; Armlymphödem mit starker Beteiligung der Hand; bei Beinlymphödem ausgeschlossen), und ist mir Nebenwirkungen sowie eher schlechten Erfolgsaussichten verbunden.
Offen bleibt danach – vielleicht kann dazu jemand im Forum nähere Angaben machen, hierfür wäre ich sehr dankbar – wann bzw. inwieweit primäre Lymphödeme mit Variante 2 erfolgreich operiert werden können. Insbesondere: eignet sie sich auf für ein (einseitiges) Beinlymphödem? Ist dabei die Prognose so gut wie oben angegeben, oder beziehen sich die Erfahrungswerte vorrangig auf sekundäre Lymphödeme?
Im Übrigen verstehe ich Frau Dr. Borman so, dass sie eine OP nur bei sehr starken Einschränkungen (Arbeitsunfähigkeit) in Betracht ziehen würde. Mit erschiene an sich schon eine deutlich eingeschränkte Arbeits- bzw. Leistungsfähigkeit ein ausreichender Anlass, ebenso das Verhindern weiterer Verschlechterungen, wenn z.B. Risiko einer weiteren Ausweitung durch weitere schwere Erysipele besteht. Ist eine OP ein derart starker Eingriff bzw. mit solchen Risiken verbunden, dass ein so stark beschränkter Einsatz angezeigt ist wie Frau Dr. Borman nahelegt? Den Bildern aus der o.g. Zeitschrift zufolge erfordern die Operationen in der Tat große Schnitte und viel Erfahrung. Aber dessen ungeachtet verstehe ich Dr. Schingales Äußerungen ebenso wie die Berichte aus der Zeitschrift „Lymphe und Gesundheit“ eher so, dass eine OP eigentlich sehr oft sehr gut helfen kann und das Risiko einer Verschlechterung gering ist. Aber da wird vielleicht genauer zu differenzieren sein?
Ein weiterer Aspekt: Erwähnt wird auch, dass zur Abklärung, ob eine OP in Betracht kommt, eine Lymphsequenz-Szintigraphie gemacht werden muss. Wenn ich mich richtig erinnere, habe ich dazu mal von einem Arzt die Auskunft erhalten, dass eine Lymphszintigraphie eine Belastung für das Lymphsystem bedeutet und dessen (schon stark eingeschränkte) Funktionsfähigkeit weiter verschlechtert. Trifft das zu?
Zuletzt: Wenn nur die Unikliniken München rechts der Isar und Göttingen diese OPs durchführen, bedeutet das für Betroffene, die abklären möchten, ob ihnen eine OP helfen kann: Man muss sich bei einer dieser beiden Kliniken vorstellen (denkbar wäre vielleicht auch Földiklinik oder andere Spezialklinik)? Oder gibt es noch andere kompetente Stellen?