Es wurden ja schon einige sehr hilfreiche Antworten für Sie gegeben bezüglich lymphologischer Abklärung und stationäre Entstauung. Da kann ich mich nur anschließen.
Meinerseits vielleicht noch eine Ergänzung:
Im Praxisalltag sehe ich immer wieder Lymphödempatienten, welche mit einer Vorgeschichte von mehrfach aufgetretenen Erysipelen (innerhalb einer sehr kurzen (Wochen, wenige Monate) vorstellig werden. Auf Nachfrage werden Antibiotikagaben von 7-10, in Ausnahmen 14 Tagen angegeben. Das ist m.M. nach (Begründung erfolgt am Ende meines posts) zu kurz und spricht dafür, dass wir nicht mehrere unterschiedliche bzw. neue Erysipele sehen, sondern immer die selbe Infektion, die durch die zu kurze Therapie nicht ausreichend behandelt worden ist.
Warum passiert das? Ich kann nur vermuten, dass der eigentlich positive Trend, Antibiotika so kurz als möglich zu verschreiben, dazu führt. Für ansonsten "Gesunde (Immunkompetente), ist das auch sehr zu begrüßen. Bei Lymphödemen handelt es sich aber um eine lokale Problematik auch des Immunsystems. Manche Ärzte sprechen auch von einer lokalen "Immunsuppression", also einer lokalen "Unterdrückung" der Immunsystems. Da gelten andere Regeln der Behandlung!
Weiters ist es sehr schwierig, vergleichbare Leitlinien für die Behandlung eines Erysipels bei Lymphödempatienten zu finden.
Ich zitiere zB. aus der AWMF Leitlinie "S2k Leitlinie Kalkulierte parenterale Initialtherapie bakterieller Erkrankungen bei Erwachsenen – Update 2018"
Seite 242, Thema Erysipel:
Zitat
Bezüglich der Therapiedauer wurden in den jeweiligen Studien unterschiedliche
Behandlungsschemata verwendet. Häufig betrug sie entweder 7 bis 10 oder 10 bis 14 Tage.
In einer Studie zur Behandlung der „Cellulitis“ (unkomplizierte HWGI ohne Trennung
zwischen begrenzter Phlegmone und klassischem Erysipel) mit Levofloxacin fand sich kein
Unterschied zwischen den Erfolgsraten einer 5- und 10-Tages-Therapie [45], aber wegen
des möglichen Rezidiv-Risikos empfehlen wir eine Therapiedauer von mindestens 7 Tagen
(bei Ödemen oder pAVK mindestens 10 Tage).
Alles anzeigen
Auf Seite 243 wird auf das rezidivierende (mehrfach wiederkehrende) Erysipel eingegangen. U.a. findet sich auch die Gabe eines Depotpenicillins in den Muskel in 2-6 wöchigen Abständen (Abstände können verlängert werden, wenn keine Erysipele mehr auftreten) so wie es bei ihnen jetzt durchgeführt wird!
Für Lymphödempatienten ist mir das aber m.M. nach zu allgemein gehalten, bzw. werden diese komplett ausgeklammert und ich habe deswegen aktuell ein Konsenspapier der ALA (Australasian Lymphology Associoation) in Verwendung. Letzte Überarbeitung 2015.
Zitat daraus, Seite 1:
Zitat
Antibiotics should be continued for at least three weeks or longer depending on progress. Redness of the area may
persist after treatment
Es wird also eine Therapiedauer von "mindestens" drei Wochen oder länger, je nach Ansprechen empfohlen.
Um es nicht unerwähnt zu lassen, die Empfehlung von Erythromycin bei Penicillinallergie wird in Europa durch Clarithromycin ersetzt.
Für Interessierte hier der link zum gesamten Papier der ALA:
https://www.aogp.com.au/wp-con…ulitis-in-Lymphoedema.pdf
Ich entschuldige mich für meinen langen Post, aber dieses Thema brennt mir persönlich unter den Nägeln!