Beiträge von Prof. Dr. med. Christian Taeger

    Ich würde ein Lymph-MRT in Bonn bei Kollegen Pieper vorschlagen. In den meisten Fällen kann man sehen, was die Ursache ist. Oft bestehen Verbindungen von Lymphbahnen von den Beinen ins Genital, die da nicht hingehören. Kollege Pieper kann in ausgewählten Fällen diese Verbindungen unterbinden.

    Guten Morgen,


    wirklich erfahrene Kollegen/Kolleginnen auf diesem Gebiet gibt es leider wenige, daher macht es durchaus Sinn, einen ggf. weiten Weg auf sich zu nehmen, um dann den oder die richtige Ansprechpartner/in zu finden. Unabhängig davon würde ich einen Lymphknotentransfer allerdings im Normalfall aus vielerlei Gründen nicht als erste Therapieoption in Betracht ziehen. Sofern möglich, wäre zunächst die Anlage von lymphovenösen Anastomosen (LVAs) zu diskutieren. Sollte das nicht zum gewünschten Ziel führen, kann dann ein Lymphknotentransfer eine sinnvolle Alternative sein. Der Lymphknotentransfer ist deutlich invasiver als LVAs und benötigt bis zu zwei Jahre, bis ein Erfolg zu sehen ist. LVAs zeigen in den meisten Fällen bereits am nächsten Tag ihre Wirkung. Daher erst LVAs anstreben, bei Therapieversagen ggf. Lymphknotentransfer. Dieses Vorgehen entspricht auch dem internationalen Standard. Und dann - wie immer der Hinweis - je früher, desto besser. Natürlich sollte man dem Körper Zeit geben, sich selbst zu regenerieren, viele Lymphödeme, die nach Operationen auftreten bilden sich durch eine leitliniengerechte konservative Therapie zurück. Sollte das Lymphödem aber nach einem Jahr immer noch bestehen und sich weiter verschlechtern, sollte man sehr zeitnah über einen mikrochirurgischen Eingriff nachdenken. Denn im Normalfall spielt die Zeit leider gegen einen: Kann die Lymphe über die Lymphbahnen wegen einem Abflusshindernis (also zB nach einer Tumoroperation mit Lymphknotenentnahme) nicht ungestört abfließen, so geraten die abhängigen Lymphbahnen unter Druck. Ähnlich wie bei unseren Schlagadern (Arterien), die bei Bluthochdruck Schaden nehmen, verhält es sich mit unseren Lymphbahnen. Sie sklerosieren (verkümmern/verschließen sich) im Verlauf.

    Ist es richtig, dass eine 1-2 wöchige KPE direkt vor einer LVA-OP die Erfolgsaussichten der OP verbessern und die OP erleichtern kann?

    Nein, im Normalfall sicher nicht! Nur bei extrem ausgeprägten Lymphödemen kann das nötig sein oder vor einem geplanten Lymphknotentransfer. Die Sache ist so: Teils sind die Lymphbahnen extrem klein, meistens unter 0,5mm. Würde man direkt vor einer LVA-Anlage eine Entstauung vornehmen, wären die Lymphbahnen noch kleiner, da sie ja entstaut sind. Somit wäre der Eingriff schwieriger durchzuführen. Postoperativ soll in der ersten Phase möglichst viel Lymphe über die angelegten Anastomosen fließen, um einen Verschluss zu verhindern. Ist der betroffene Arm/das Bein bereits vor dem Eingriff gut entstaut, fließt postoperativ natürlich auch weniger über die Anastomosen. Ich rate meinen Patienten zu folgendem Vorgehen: Sollte eine Entstauung anstehen, dann bitte etwa 6 Wochen nach der Op. Hier sind die Wunden stabil abgeheilt, die Entstauung macht Sinn und Sie können dann auch ohne Rücksicht auf die Anastomosen an allen Angeboten vor Ort teilnehmen. Der Sonderfall sind extreme Lymphödeme. Neulich habe ich einen Patienten aus Afrika gesehen, er hatte keinerlei konservative Therapie, das Bein war extrem betroffen. In solchen Fällen muss präopterativ eine Entstauung vorgenommen werden.

    Hallo,


    ich habe ausschließlich Erfahrungen mit Bonn und kann daher das Vorgehen und die Qualität der Kollegen in Frankfurt nicht beurteilen. Prof. Pieper ist mit Sicherheit der erfahrenste Kollege auf dem Gebiet in Deutschland.

    Hallo zusammen,


    ein Lymph-MRT ist im normalerweise für die Anlage von LVAs nicht standardmäßig notwendig. Ich beispielsweise fordere das nur beim primären Lymphödem oder bei sehr weit fortgeschrittenem, wenig dellbarem Lymphödem. Also bei Spezialfällen.


    Wie alle Bildgebungen hat auch das Lymph-MRT Limitationen. Nur kurz: Es kann beispielsweise sein, dass man im Lymph-MRT nur wenige Lymphbahnen sieht, tatsächlich aber deutlich mehr vorhanden sind. Ich sehe das immer wieder. Das Kontrastmittel braucht eine Weile, bis es sich verteilt. Es wird in der Regel am Fuß oder an den Händen eingespritzt. Liegt eine starke Schädigung der Lymphbahnen in eben diesem Bereich vor, kann das Kontrastmittel nur sehr schwer bis gar nicht zum Körper fließen. Dann werden natürlich auch eventuell vorhandene, weiter entfernt von der Injektionsstelle befindliche Lympbahnen, nicht gefärbt/markiert.


    Ich spritze für meine ICG-Untersuchungen den Fluoreszenzfarbstoff immer am Vorabend der Operation ein. Dann wiederhole ich die Untersuchung (also nicht die Injektion, sondern nur die Bildgebung) direkt vor der Operation am nächsten Tag. In einigen Fällen sieht man dann Lymphbahnen, die man am Vortag nicht gesehen hat und sich auch nicht im Lymph-MRT gezeigt hatten (sofern mir eines zum Abgleich vorliegt). Das wiederum ist die Limitation des Lymph-MRTs: Man wartet in der Regel nicht eine Nacht lang, bis ggf. weitere Lymphbahnen sichtbar werden.


    Somit hat jedes Bildgebende Verfahren seine Vor- und Nachteile. Nur, weil man im Lymph-MRT keine Bahnen sieht, muss das nicht automatisch bedeuten, dass es an einer weiter entfernt gelegenen Stelle keine gibt.


    Daher mein Rat: Nicht über Internet und Erfahrungsberichte eines Einzelnen entscheiden, ob ein Eingriff möglich/sinnvoll ist, sondern einen Spezialisten aufsuchen, der alle Verfahren kennt und abwägen kann, ob und wenn ja welcher Eingriff sinnvoll ist.

    Sehr geehrter Herr Moeller-Santner,


    kommt es nach einem operativen Eingriff zu einem Lymphödem, leiden die Lymphbahnen darunter, da sie nicht mehr abfließen können und unter Druck geraten. In der Folge verschließen sie sich mit Fortschreiten der Zeit. Das ist vergleichbar mit arteriellem Bluthochdruck und Arteriosklerose. Zunehmend kommt es zu Fibrosierung und Fetteinlagerung. Daher macht es in Ihrem Fall sicherlich Sinn, möglichst frühzeitig über die Anlage von lymphovenösen Anastomosen nachzudenken und den Druck im Lymphsystem und damit auch das Lymphödem zu reduzieren. Lymphovenöse Anastomosen können einer weiteren Fibrosierung entgegenwirken, sofern sie dauerhaft funktionieren. Wenn das betroffene Bein vollständig fibrosiert ist, sich also keine Dellen mehr am Schienbein eindrücken lassen, sind rekonstruktive Verfahren weniger zielführend.

    Hallo Manuela,


    der erste Weg bei einem primären Lymphödem ist zunächst einmal zu verstehen, was sich überhaupt anatomisch dahinter verbirgt. Die beste Methode dazu wäre ein Lymph-MRT in Bonn bei Prof. Pieper an der Universität. In den meisten Fällen brechen Lymphbahnen ab, bzw. münden in Engstellen, die den Lymphbabfluss verhindern. In diesem Fall - sofern ein noch dellbares Lymphödem vorliegt - kann über rekonstruktive Verfahren wie lymphovenöse Anastomosen nachgedacht werden. Hier können teils sehr gute Ergebnisse erreicht werden. Ist das Lymphödem stark fibrosiert, kommen andere Verfahren in Betracht.

    Hallo Bilali,


    um eine exakte Antwort zu erhalten würde ich mit den behandelnden Kollegen sprechen. Nur sie kennen die intraoperativen Bedingungen und können Ihnen eine exakte Einschätzung geben. Prinzipiell ist es oft zielführend, bei Bedarf auch an anderen Stellen eine LVA anzulegen, sofern es noch dafür geeignete Lymphbahnen gibt. Verschlussraten sind in der Literatur extrem unterschiedlich beschrieben, das würde ich immer den Operateur fragen, der Sie behandelt. Er sollte seine eigenen Ergebnisse kennen und Sie beraten. Bzgl Endergebnis: Man beobachtet am Anfang meist eine schnelle und deutliche Verbesserung. Bei gut funktionierenden Anastomosen kann sich zusätzlich über das Jahr verteilt eine weitere Besserung einstellen, die aber weniger drastisch ausfällt.

    Hallo,


    die Klinik, in der ich Lymphchirurgie durchführe ist nur in privater Trägerschaft, hat aber eine Kassenzulassung. Somit bestehen hier keinerlei Einschränkungen.

    Hallo zusammen,


    das Einzige was ich aus der Ferne dazu beitragen kann: Rekonstruktive Verfahren beim chronischen Lymphödem sind vor allem bei dellbaren Ödemen zielführend. Ob in diesem Fall (primäres Lymphödem) dann zB die Anlage von LVAs Sinn macht kann man zum Beispiel mittels ICG-Angiographie näher eingrenzen. Besser ist ein Lymph-MRT (und nicht ein klassisches MRT). Das kann man in guter Qualität nach meinem Kenntnisstand aktuell nur bei Kollegen Pieper in Bonn bekommen. Abschließend muss man den oder die Patienten/in natürlich untersuchen und sehr viel Erfahrung bei der Interpretation aller Befunde haben, wenn man eine Entscheidung treffen will, ob eine OP sinnvoll ist. Dies gilt insbesondere dann erneut bei der peri- und intraoperativen OP-Planung.

    Bei Vorliegen eines Genitallymphödems in Kombination mit sekundärem Lymphödem eines/beider Beine kann durch Anlage von LVAs am Bein in ausgewählten Fällen auch das Genitale von der Entstauung profitieren. Durch Entlastung des Beins staut sich dann nicht mehr so viel Lymphe ins Genital. Damit habe ich bei einigen Patienten sehr gute Erfahrungen gemacht. Alternativ kann auch versucht werden, direkt im Bereich der Lymphabflusswege im Genitalbereich LVAs anzulegen. Ist die Extremität nicht betroffen, kann z.B. auch durch Kollegen PD Dr. Pieper an der Uni Bonn eine MR-Lymphangiographie durchgeführt werden. Zeigen sich hier Lymphbahnen, die von den Extremitäten in das Genitale stauen, können in Einzelfällen diese interventionell verschlossen werden. Bei meinen Patienten, die ich zu Kollegen Pieper geschickt habe und die durch dieses Verfahren behandelt wurden, wurde im Anschluss tatsächlich keine Lymphdrainage mehr benötigt. Das bedeutet natürlich nicht, dass das Verfahren für alle Patienten gleichermaßen geeignet ist. In sehr fortgeschrittenen Fällen hilft nur noch, das überschüssige Gewebe operativ zu entfernen und das Genitale neu zu formen. Das Thema ist insgesamt sehr komplex, trotzdem kann man in einigen Fällen sehr viel erreichen.

    Sehr geehrte Griselda,




    ich bin zwar auch gerade im Urlaub, dennoch habe ich versucht, Ihre Fragen durch die aktuelle Studienlage zu beantworten. Das Gebiet der Lymphchirurgie ist nach wie vor eine neue Disziplin, Techniken ändern sich aktuell noch stetig, die publizierten Zahlen beziehen sich nicht selten auf eine Zeit, in der diese Chirurgie noch in den Kinderschuhen steckte. Somit ist es sehr schwierig belastbare Langzeitdaten zu den heute möglichen Therapieformen zu bekommen. Eine aktuelle Übersichtsarbeit von Kong et al. aus dem Jahre 2022 (A Meta-analysis of 37 Studies on the Effectiveness of Microsurgical Techniques for



    Lymphedema) kommt unter anderem zu folgendem Schluss:




    "The surgery failure rate in this study was 12%, which is similar to that reported by Basta et al." (...) "Our merged data demonstrated that a vast majority of patients could benefit from surgery."




    Von einer 1/3-Regel kann also keine Rede sein. Auch ich habe in meiner Zeit an der Uni meine PatientInnen nachuntersucht, die Daten werden gerade noch im Rahmen mehrerer Doktorarbeiten ausgewertet und werden - sofern alles nach Plan läuft - in den nächsten Jahren publiziert. Wir konnten zeigen, dass in einem Nachuntersuchungszeitraum von 10-24 bei nur wenigen PatientInnen die Therapie hinsichtlich Volumenreduktion nicht dauerhaft wirksam war.




    Man kann die Frage auch umdrehen: Sobald ein Lymphödem chronisch ist, in wieviel Prozent der Fälle verbessert es sich spontan über die Jahre ohne chirurgischen Eingriff?



    Natürlich sehen wir immer wieder PatientInnen, bei denen der Eingriff nicht dauerhaft hilft. Geht man aber vorsichtig vor und legt nur 1-2 Anastomosen an, so ist das Risiko einer Befundverschlechterung extrem niedrig.




    Man darf nicht vergessen: Sobald ein Abflusshinderhnis z.B. nach Tumoroperation besteht und sich der Körper dauerhaft nicht helfen kann entsteht auf der einen Seite ein Lymphödem, das wir sehen können. Was wir nicht sehen ist der Hohe Druck in den Lymphbahnen, der diese bei den meisten PatientInnen auf Dauer schädigt. Ähnlich wie bei Bluthochdruck kommt es im Verlauf zum Kollaps des Gefäßsystems. Leider kommen nach wie vor viele PatientInnen erst sehr spät, nämlich dann, wenn alle konservativen Maßnahmen versagen. Wir würden sicherlich noch viel bessere Ergebnisse mit der Lymphchirurgie erzielen können, wenn wir PatientInnen früher sehen würden und dann an noch intakteren Lymphbahnen operieren könnten. Gemeinsam mit der konservativen Therapie kann man dann in vielen Fällen beeindruckende Ergebnisse erreichen, die auch lange Bestand haben. Diese Erfahrung kann ich zumindest aus meinem Patientengut berichten.




    Mein Tipp an Sie: Sollten Sie sich für einen derartigen Eingriff entscheiden fragen Sie nach, ob die neuesten Geräte (Mikroskop, Fluoreszenz, Instrumente) vorgehalten werden. Wie oft werden die Eingriffe durchschnittlich durchgeführt? Und der für mich mit am wichtigste Faktor: Haben sich in der durchführenden Einrichtung ein- zwei KollegInnen auf die Operationen spezialisiert, oder kann man Ihnen keine dafür abgestellte Spezialisten nennen. Lymphchirurgie sollte von KollegInnen auf dem Höhepunkt ihrer mikrochirurgischen Expertise durchgeführt werden und ist kein Ausbildungseingriff in den ersten Jahren.



    Wenn Sie diese Punkte berücksichtigen, haben Sie eine gute Chance auf eine dauerhafte Verbesserung des Lymphödems.



    Wenn Sie eine noch konkretere Einschätzung haben möchten würde ich Sie bitten einen Termin in meiner Sprechstunde zu vereinbaren. Ohne den Patienten gesehen und untersucht zu haben kann man nur Zahlen und Konzepte nennen, aber keine persönliche Einschätzung abgeben.

    Hallo Lala,


    da würde ich Sie bitten bei mir in der Praxis anzurufen, dann kann ich Ihnen gerne konkrete Zahlen nennen. Hier im Forum Zahlen zu fixieren ist schwierig, denn das Geschriebene steht dann auch in 10 Jahren noch hier und ist evtl. nicht mehr aktuell.

    Hallo zusammen,


    in Deutschland gilt folgendes: Als Kassenpatient erhalten Sie keine Rechnungen nach Hause. Zahlt die Kasse den bereits durchgeführten Eingriff nicht, erhält die durchführende Klinik kein bzw. weniger Geld. Der Patient bleibt davon unberührt. Bei privat versicherten Patienten muss man die wahlärztliche Leistung gesondert betrachten: Diese wird PatientInnen direkt in Rechnung gestellt. Sollte die Kasse bzw. Beihilfe die Kosten nicht übernehmen, bleiben die Kosten an den PatientInnen hängen. Daher empfiehlt es sich als Privatpatient im Vorfeld z.B. einen Kostenvoranschlag einzuholen und diesen mit der Kasse zu besprechen. Das Problem bei der privatärztlichen Vergütung ist, dass die dafür zuständige Gebührenverordnung GOÄ aus einer Zeit stammt, in der es diese Form der Chirurgie (Lymphchirurgie) gar nicht gab, bzw. in den Kinderschuhen steckte. Es gibt also für diese Eingriffe keine eigenen Abrechnungsziffern, die Operation muss durch andere Gebührenziffern nachgebildet werden. Um kostendeckend arbeiten zu können müssen diese Ziffern aber deutlich gesteigert werden, da der Aufwand ungemein höher ist. Darüber sollte man dann mit der Kasse im Vorfeld sprechen und die Sachlage erklären. Ich gebe daher seit einiger Zeit meinen PatientInnen mit privater Versicherung neben einem Kostenvoranschlag ein Erklärungsschreiben für ihre private Kasse bzw. Beihilfe mit, in dem genau das nochmal dargestellt wird. Von einer Rechnung - wie oben geschrieben - 19.000 Euro bei LVAs kann zumindest in Deutschland keine Rede sein. Solche Summen kämen nur dann zustande, wenn unzählige Anastomosen angelegt und jede einzeln abgerechnet würden. Von einem solchen chirurgischen Vorgehen rate ich sowieso prinzipiell ab.


    Ich bin selbst kein Abrechnungsprofi und kann nur von meinen Erfahrungen berichten. Daher diese Angaben ohne Gewähr oder Haftung.

    Noch eine Anmerkung von meiner Seite:


    Ja, es sollten alle konservativen Maßnahmen ausgeschöpft sein, bevor man eine Operation ins Auge fasst. Sobald ein Lymphödem aber chronisch ist, sich also nach 6 Monaten bis 1 Jahr nicht zurückbildet, würde ich sehr dazu raten, sich über operative Möglichkeiten zu informieren.


    Sehr häufig wird der Fehler gemacht, erst dann über Operationen nachzudenken, wenn konservative Maßnahmen nicht mehr effektiv greifen. Dann ist aber oft ein Zeitpunkt erreicht, an dem viele der initial vorhandenen Lymphbahnen in der betroffenen Extremität bereits verschlossen sind und somit rekonstruktive Verfahren weniger sinnvoll bis gar nicht mehr möglich sind.


    Wenn Lymphe, z.B. aufgrund einer Operation, nicht mehr abfließen kann gerät das System unter Druck. Keines unserer Gefäßsysteme (Arterien, Venen, Lymphgefäße) ist für (relativ gesehen) zu hohen Druck ausgelegt. Hat man Bluthochdruck, leiden die Schlagadern (Arterien) darunter, es kann zu einem Herzinfarkt oder Schlaganfall kommen. Deshalb wird Bluthochdruck medikamentös therapiert. Wartet man bei einem chronischen Lymphödem zu lange, verschließen sich in vielen Fällen zunehmend die Lymphbahnen.


    Die Lymphchirurgie kann helfen, einen Teil des Lymphabflusses zu verbessern, den Druck im Lymphsystem zu senken, und damit die konservativen Maßnahmen wieder effektiver zu machen. Zielführend für PatientInnen wäre es, konservative und operative Verfahren nicht als "entweder oder" oder sogar als konkurrierend zu sehen, sondern als sich gegenseitig unterstützend. Ein chronisches Lymphödem ist an sich nicht heilbar. Durch eine sinnvolle Kombination aus konservativer und – in ausgesuchten Fällen – operativer Therapie können aber oft große Fortschritte erreicht werden.

    Vorne weg - gerade was die Reduktion von Erysipelen durch Lymphchirurgie betrifft: Das ist wissenschaftlich einer der am besten untersuchten Punkte. Die Anzahl an Erysipelen reduziert sich deutlich. In einer ganz aktuellen Übersichtsarbeit von Kollegen Kong et al (Kong X, A Meta-analysis of 37 Studies on the Effectiveness of Microsurgical Techniques for Lymphedema. Ann Vasc Surg. 2022 Oct;86:440-451.e6. Epub 2022 May 16.), in der eine Vielzahl an Studien zu dem Thema ausgewertet wurde, zeigte sich sogar eine Reduktion der Erysipele bei 96% der PatientInnen.

    Das deckt sich auch mit meinen Erfahrungen: Es kommt sogar vor, dass bei PatientInnen keine signifikante Umfangsreduktion erreicht werden kann, dennoch berichten die PatientInnen aber trotzdem einer deutlichen Reduktion der Erysipele, bzw. treten keine mehr auf. Im Umkehrschluss entkräftet das auch eine oft genannte Sorge, nämlich dass mit einem mikrochirurgischen Eingriff an der betroffenen Extremität ein hohes Risiko einer lokalen Infektion einhergeht.



    Liebe Patientinnen und Patienten,


    am Dienstag, 9.Mai 2023, 19-20 Uhr findet im Klinikum Josephinum in München in der Schönfeldstraße 16 folgende Veranstaltung statt (siehe auch Flyer im Anhang):


    Der dicke Arm, das dicke Bein: Lymph- oder Lipödem? Therapiemöglichkeiten


    Referent: Prof. Dr. med. C. Taeger


    Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung ist nicht nötig.


    In dem Vortrag gehe ich auf die verschiedenen Therapiemöglichkeiten im Bereich Lymph- und Lipödem ein. Dabei komme ich auch auf die unterschiedlichen diagnostischen Methoden wie Indocyaningrün-Fluoreszenzangiographie oder Lymph-MRT zu sprechen. Gerade in diesem Bereich hat sich in der letzten Zeit enorm viel getan. Des Weiteren gehe ich auf die häufig gestellten Fragen ein, wann überhaupt operative Eingriffe in Frage kommen, welche Verfahren es gibt und welche Chancen und Risiken damit verbunden sind. Sollten am Ende der Veranstaltung noch Fragen offen sein können diese vor Ort gerne besprochen werden.


    Josephinum 2023_A4.pdf