Aber wie kann das sein mit dem Fettwiederaufbau? Auf der einen Seite lässt sich das Lipödem-/ Lipohypertrophiefett nur ganz schwer oder gar nicht reduzieren, hat also keine Depotwirkung. Auf der anderen Seite "ersetzt" der Körper es sich im gegebenen Einzelfall nach einer Liposuktion an (weil nur noch da möglich) anderer Stelle. Bedeutet das, dass diese von uns so verhasste Fett eine große Isolierwirkung haben soll und betroffene Frauen eben, so nenne ich es jetzt mal, "evolutionär urig" sind?
Ich persönlich habe mir sehr, sehr viele Gedanken über diesen "Zustand" gemacht (bei mir zum Glück "nur" optisches Problem bis auf bisschen Wundreiben). Was genau stört mich an den Beinen? Stört es mich oder stört es mich vor anderen oder stört es mich gar nur im Vergleich zu anderen? Was will ich, was ist mein Ziel? "Horrorvision" aus und Abswägen: ist es nicht auch MIT diesen Beinen ausreichend lebenswert? Also ich war und bin sehr selbstkritisch. Fakt ist: Es stört mich ganz erheblich und je mehr ich an sonstigem Speck abgenommen hab (Wangen, Bäuchlein), noch mehr, denn der Unterschied wird ja immer krasser. Aber gleichzeitig denke ich, es hat doch in der Natur alles einen "Sinn" oder zumindest eine Erklärung aus der Entstehung heraus. Mir ist die so genannte Rubens-Figur aus meinem Kunstgeschichtsstudium wohl bekannt. Klar gab es immer sich wandelnde Schönheitsideale, es geht an der Stelle auch nicht um subjektives Empfinden, sondern alleine darum, dass diese Erscheinung ja nun kein urplötzlich auftretendes und damit störendes Phänomen ist. Schon Großmütter einiger von uns werden damit "gesegnet" gewesen sein und (vorausgesetzt, es war nicht mit Schmerzen verbunden) vielleicht galt es als fraulich, vielleicht auch nicht - meine Oma ist leider tot, ich kann sie nicht mehr fragen, wie sie sich damit fand. Auf jeden Fall wurde sich anders gekleidet: Röcke und Kleider von damals waren wohl eher geeignet, einen solchen weiblichen Körper zu kleiden, ja, in Szene zu setzten.
In wie weit machen wir uns zum Spielball von Normen und Mode mit allem, was dazu gehört? Auf der anderen Seite: Wie viel Selbstbewusstsein ist in dem Zusammenhang für Zufriedenheit nötig? Was ist erträglich? Ein jeder lebt mehr oder weniger in und mit Konventionen... selten der, der nur in Lendenschurz oder Kartoffelsack rumrennt. Es gibt Umgangsformen. Wir sehen und werden gesehen und legen mehr oder weniger Wert darauf, auch das ist nichts Neues in der Geschichte. Das ist Kultur, das ist Gesellschaft, das ist der Mensch im Kreis von Menschen.
Ich möchte damit zum Ausdruck bringen, dass ich glaube, dass es nicht DIE richtige Antwort für alle auf die Frage gibt, welche Entscheidung jemand treffen soll, dem die Möglichkeit zur OP gegeben ist, abgesehen von medizinischen Nebenwirkungen usw. Vielleicht kennt auch der Einzelne die Antwort nicht bis nach dem Eingriff. Ich finde es aber sehr, sehr wichtig, dass man sich darüber Gedanken macht. Dass man sich fragt, was das eigentlich ist, was man da unumkehrbar weg haben möchte von sich. Es ist nicht ein Kratzer im Lack des Autos. Es ist keine lebensbedrohliche Krankheit. Es ist ein Teil von uns, mit dem wir mehr oder weniger auf die Welt gekommen sind. Ich merke, wie ich mich mit mir selbst versöhne, wenn ich darüber nachdenke. Meiner Meinung nach ist das sehr wichtig, denn egal, wie man sich entscheidet, nur man selbst trägt später die Verantwortung dafür. Jeder Betroffene hat seine ganz eigene Geschichte, hat ganz Individuelles, was ihn stört, hat das ganz Eigene, das "das fass zum Überlaufen" bringt, bringen will. Bei mir ist es nicht nur das Fett, es ist die Konsistenz in Kombination damit, dass in dem Gewabbel in einer Tour die Haare einwachen, egal, wie viel ich mi'm Luffa-Schwamm dran bin. Keine Kontur da unten, wabbel, hässlich, bekomme es nicht in Einklang mit dem Rest, fühle mich zweigeteilt, fühle mich anders als die Beine es sind. Bin ein starker, fröhlicher, optimistischer Mensch und werde davon in für mich ganz, ganz erschreckendem Maße gedämpft. Mich überfällt da manchmal eine lähmende Traurigkeit, weil ich mich so anders fühle im Grunde und dieses Fühlen nicht umsetzen kann. Aber ich weiß, dass an der Hautbeschaffenheit auch die OP mit hoher wahrscheinlichkeit nichts ändern wird. Mein erster OP-Termin steht fest für März.
Ich bin dankbar dafür, dass dieses Tehema auf den Tisch gekommen ist, dankbar für diesen Input!!!
Zum Schluss möchte ich nochmals betonen, dass sich bitte niemand von denen hier (und das werden die meisten sein), die unter Schmerzen leiden, zurück gestellt fühlt, nur weil ich in dem Zusammenhang lediglich die Optik angesprochen habe.
Danke, dass ich meine Gedanken hier teilen kann.
Dublin