Fragen zur Fettabsaugung bei Lipödem

  • Guten Tag,

    als langjährige (mindestens seit der Pubertät) Lipödempatientin mit vielfältigen Arztbegegnungen drängen sich mir folgende Fragen auf:

    - Ab welchem Ausmaß wird ein Lipödem nicht mehr als ein ästhetisches Problem sondern als eine ernsthafte Krankheit anerkannt?
    Hintergrund: Bei mir sind Beine und Arme von Lipödemen betroffen, man kann dies v.a. an den sehr unförmigen Unterschenkeln (46 cm Umfang, d.h. Stiefel tragen unmöglich), den extrem dicken Fesseln (d.h. Röcke tragen anderen Augen unzumutbar), und der fortdauernden Gewichtszunahme an den unteren Extremitäten bei schlank bleibendem Oberkörper sehen. Ich habe Druckschmerzen an den betroffenen Stellen, und habe schon bei leichten Stößen blaue Flecken. Viel größer ist jedoch mein seelisches Leiden, das mit extremen Komplexen wegen meines Aussehens schon immer gegenwärtig gewesen und mich in meiner Lebensweise stark eingeschränkt hat. Ich habe mir bei meinem letzten Arztbesuch angehört, dass es viel schlimmere Ödempatientinnen gibt, mit unerträglichen Schmerzen, deswegen die Lösung meines Problems durch eine FA nicht uneingeschränkt befürwortet werden würde, nicht gegenüber einer Krankenkasse.

    - Beim selben Arzt wurde mir auch mitgeteilt, dass Patienten wie ich, die ein scheinbar nur ästhetisches Problem haben, bei einer FA extreme Ansprüche an ihr Erscheinungsbild danach haben, und deswegen schwer zufrieden zu stellen sind, und demnach keine „Wunschpatienten“. (nebenbei tobte ich innerlich, dass dies ein unverschämter versteckter Vorwurf war, und hatte von diesem Arzt schon Abschied genommen) Denn es käme bei der FA vordergründig auf die Linderung der Schmerzen an, das Ästhetische wäre ein Nebeneffekt, worauf bei und nach der FA nicht näher eingegangen werden würde. Heißt das, dass bei ästhetischen Beanstandungen nach einer solchen FA (z.B. Dellen, Ungleichmäßigkeit) notwendig gewordene Nachoperationen nicht im Operationspreis inbegriffen sind?

    - Soweit mir bekannt, haben die meisten Lipödem-Patienten ein intaktes Lymphsystem, d.h. das Risiko, dass bei einer FA Lymphbahnen zerstört werden könnten, ist gleich groß wie bei Patienten ohne Ödeme. Hinzu kommt, dass die schonende Methode - Vibrations-Liposuction in lokaler Tumeszens-Anästhesie – sich bei ästhetischen Chirurgen weitgehend durchgesetzt hat, nicht nur bei den auf Lymphe Spezialisierten Operateuren. Könnte man sich also als Lipödempatientin in dieser Methode von jedem erfahrenen Ästhetischen Chirurgen (ohne Spezialisierung auf Lymph-Krankheiten) operieren lassen, mit konsequenten ML’s und Kompressionsbestrumpfung danach, mit dem gleichen Effekt wie bei einem auf Lymphe spezialisierten Operateur?

    Vielen Dank im Voraus für die Antworten.

    Tara

  • Hallo Tara,

    ein Lipödem ist primär eine Erkrankung und zusätzlich auch ein ästhetisches Problem. Demgegenüber ist eine Lipohypertrophie, d.h. eine Fettvermehrung ohne Beschwerden, primär ein ästhetisches Problem. Beim Lipödem ist immer eine medizinische Betreuung notwendig. Ihre geschilderten Beschwerden weisen eindeutig auf ein typisches Lipödem hin.

    Warum Betroffene wie Sie andere Ansprüche an die Fettabsaugung haben sollten als andere Patienten, ist mir nicht klar. Jeder möchte seine Beschwerden reduziert oder beseitigt haben und jeder möchte normale Körperproportionen haben, und diese Wünsche - nicht Ansprüche! - sind 100%ig berechtigt. Natürlich muß die Absaugung so gemacht werden, daß KEINE Dellen oder Ungleichmäßigkeiten auftreten. Deswegen sollte man auch nur zu spezialisierten Zentren gehen, die diese Eingriffe täglich durchführen und mit dem Krankheitsbild Lipödem vertraut sind. Was Sie über die Technik schreiben, ist alles völlig korrekt. Leider geistert der Mythos der Verletzung von Lymphgefäßen immer noch durch die Köpfe vieler Kollegen, obwohl dies inzwischen aufgrund experimenteller Untersuchungen und langjähriger klinischer Nachkontrollen längst widerlegt ist.

    Weitere Informationen zu dieser Thematik, die im Lymphforum immer wieder angesprochen wird, finden sich im Lymphnetz unter der Überschrift Lipödem.

    Mit besten Grüßen

    Prof. Dr. W. Schmeller