Liebes Forum,
ich bin vor kurzem auf auf Forschungsergebnisse der Universität Stanford aufmerksam gemacht worden, die äußerst interessant klingen - es ist / wäre die erste Möglichkeit einer unterstützenden medikamentösen Behandlung des Lymphödems.
Es geht dabei nicht um eine Heilung, aber immerhin eine Verbesserung, und ist verbunden mit offenbar neuen Einsichten zur Ursache der Erkrankung, siehe hier:
https://med.stanford.edu/news/…-lymphedema-symptoms.html.
Die ausführliche Studie dazu ist hier abrufbar:
https://insight.jci.org/articles/view/123775
bzw.
https://insight.jci.org/articles/view/123775/pdf.
Die berichteten Studienergebnisse gehen von der Hypothese aus, dass die Ursache des Lymphödems (auch) in Entzündungsreaktionen liegt.
Das Medikament Ketoprofen tritt den Entzündungen entgegen und hat in der Studie laut Pressemitteilung das Hautbild der Patienten erheblich verbessert sowie die verdickte Haut wieder dünner werden lassen.
Ferner wird eine Umfangsreduzierung berichtet, wobei diese aber wohl nicht systematisch in der Studie erfasst bzw. bestätigt wurde.
Zur Klarstellung: Es geht bei alledem nicht darum, die konservative Therapie zu ersetzen.
Ein Artikel von Anya Miller, Lymphödem, Inflammation und neue Therapieansätze, in der Zeitschrift Thieme connect behandelt das Thema ebenfalls, siehe hier:
https://www.google.de/url?sa=t…Vaw0ytbm8h2LRV-rQj9qnPbd0
Dort heißt es: "Ketoprofen wirkt antiinflammatorisch durch Hemmung von Cyclooxgenase (COX) und 5-Lipoxygenase (5-LO) [8]. Untersuchungen an Mäusen zeigten bei systemischer Gabe eine deutliche Besserung des Lymphödems. Studien (Open label und Placebo-kontrolliert) an insge-
samt 30 Patienten in der Verum-Gruppe und 16 in der Placebo-Gruppe ergaben keine Reduktion des Armvolumens, aber eine Verbesserung der Histopathologie der Haut und der Hautdicke bei Nachweis der Inhibition von LTB4 und Reduktion von 5-LO."
Der Befund bzgl. Hautbild und Hautdicke scheint sich also zu bestätigen, die Umfangsverminderung hingegen so allgemein (am Mensch noch) nicht.
Als langjähriger Lymphpatient würde man indes auch eine Verbesserung des Hautbildes und eine Reduzierung der Hautdicke sehr zu schätzen wissen, insb. alle, die auch unter einem Ödem im Fuß leiden.
Zwei Wermutstropfen:
- Die Zahl der Probanden in den berichteten Studien ist ziemlich klein. (Vielleicht gibt es aber auch keine großen Patientenkollektive, ausgeprägte primäre Lymphödeme sind ja bekanntermaßen recht selten, daher die vielen Probleme, die man als Patient/in hat.
- Ketoprofen hat, wie im Stanford-Artikel berichtet wird, bei langfristiger Einnahme Nebenwirkungen, die man gegen den Therapienutzen abwägen muss.
Im Übrigen wird die Pressemitteilung zu der Studie aus Stanford hier sehr kritisch besprochen
https://torontophysiotherapy.c…ema-proceed-with-caution/,
sie würde Ketoprofen zu sehr hypen.
Für vermittelnde Einschätzungen etwa hier
https://www.healio.com/news/he…nt-of-lymphedema-symptoms (Interview mit einem Professor aus Stanford)
und hier
https://venousnews.com/pharmac…y-lymphoedema-commentary/
(Beachtenswert: "Unfortunately after study recruitment was completed, the US Food and Drug Administration (FDA) issued a black box warning for Ketoprofen, and there are concerns about the long-term use of this drug. Whilst this is disappointing, the ability to produce histological improvement in patients with lymphoedema is nevertheless a positive step in the right direction. A further trial is examining Ubenimex, which is more targeted in its action than Ketoprofen; unlike Ketoprofen it does not inhibit Cyclooxygenase 1 or 2. Unfortunately the study sponsor, Eiger BioPharmaceuticals, have released a statement (in October 2018) indicating that the primary endpoint of skin thickness and secondary endpoints of limb volume and bioimpedance have not been met."
Vor diesem für medizinische Laien unübersichtlichen Hintergrund, und weil der Ansatz offenbar recht neu ist, wären meine Fragen an das Forum, insb. die hier präsenten Ärzte:
- Wie schätzen Sie eine Behandlung mit Ketoprofen ein?
- Für welche Patienten kann das sinnvoll sein?
- Gibt es damit in Deutschland oder in anderen Ländern bereits Erfahrung?
- Gibt es weitere Studienergebnisse?
Ich freue mich über Einschätzungen und Rückmeldungen, und hoffe, dass das Thema hier auf Interesse stößt.
Es ist klar, dass es nicht um eine Ersetzung der konservativen Therapie gehen kann. Aber diese kann bei ausgeprägtem Lymphödem Hautbildveränderungen und Erysipele realistisch betrachtet nicht, jedenfalls nicht immer, vermeiden, zumal mehrmals wöchentliche Physiotherapie für viele Patienten auch bei größter Compliance schlicht nicht alltagstauglich ist.