Lipödem und Adipositas

  • Hallo.

    Ich habe eben folgendes Zitat auf http://www.lymphnetzwerk.de/html/kombinationen.html

    gefunden:

    "...Aus dem Spektrum der manuellen Lymphdrainage können ohne Bedenken die Lipohypertrophien und auch die Lipödeme mit Adipositas gestrichen werden, so dass dort Gelder eingespart werden könnten. Diese sollten statt dessen für die Behandlung von Lymphödempatienten reserviert werden, die schick salshaft von ihrer Krankheit befallen sind und bei denen diese physikalische Ödemtherapie zur Verhinderung von Beschwerden und Komplikationen unbedingt erforderlich ist. ..."

    Autor ist Dr. Herpertz (http://www.ödemklinik.de)

    Irgendwie bin ich von dieser Aussage zutiefst entsetzt!!!

    Für mich sagt dieses Zitat: "Streicht den adipösen Lipödem-Patienten die Behandlung mit Lymphdrainage, die sind eh selbst schuld und gebt sie lieber den Lymphpatienten, die nix dafür können."

    Lieber Herr Doktor, kann man Schick sale und Krankheitsbilder wirklich gegeneinander aufwiegen????
    Dann könnte man auch sagen: "Gebt alle Zahlungen nur mehr Krebspatienten und streicht die für Diabetis-Kranke, denn wenn die sich vernünftig ernährt hätten, hätten sie es jetzt nicht.
    So ein Zitat auf einer Fachseite zu finden, ist sehr für mich sehr fragwürdig.

    Wie ist die Meinung dazu hier im Forum?

  • Lipödem-Patientinnen mit oder ohne Adipositas haben eine Erkrankung. Diese Erkrankung benötigt eine Behandlung, die in den Leitlinien empfohlen wird, nämlich die Kombination von konservativer Therapie (manuelle Lymphdrainage, Kompression, Bewegung) und operativer Therapie (Liposuktion). Beide Verfahren wirken nicht gegen die Adipositas, helfen aber, die Beschwerden beim Lipödem zu lindern bzw. zu beseitigen. Adipöse sollten natürlich unbedingt Gewicht abnehmen, da die Adipositas das Lipödem verschlimmert.

    Wir sehen immer wieder, dass Patientinnen nach der Absaugung - die ja bezüglich der Figur einen enormen Fortschritt bedeutet - einen gewaltigen Motivationsschub erhalten, nun auch das Problem Adipositas konsequenter anzugehen. Nachdem die Hüften und Beine durch die Absaugung - endlich - schlank geworden sind, will man nun auch unbedingt den Oberkörper verschlanken, und engagiert sich diesbezüglich doppelt und dreifach, meist mit gutem bis sehr gutem Erfolg. Entscheidend ist, daß man nicht aufgibt und sich hängen läßt. Wir kennen inzwischen sehr viele Betroffene, die ein (weitgehend) normales Leben mit einer (weitgehend) normalen Figur leben können. Dies ist auch für den behandelnden Arzt das schönste Geschenk.

    Prof. Dr. W. Schmeller

  • Hallo Conny Kraus,

    bin total Ihrer Meinung!

    Es ist schockierend dieses Statement von einem Facharzt in unserem Forum bzw. im Lymphnetz zu lesen. Man könnte meinen der gute Mann gehört einem Krankenkassenausschuß mit großem Rotstift oder einem MDK-Gremium an, die die Krankheit Lipödem ja immernoch nicht recht anerkennen und versuchen Leistungen zu kürzen wo es nur geht.

    Dafür ist die Antwort von Herrn Dr. Schmeller natürlich wieder ganz toll.
    An dieser Stelle nocheinmal vielen Dank für diesen so informativen 1. Deutschen Lipödemtag in Lübeck. Weiter so!

    Ich finde, wir sollten uns alle auf unserem Gebiet so stark wie möglich dafür einsetzen, daß die Liposuktion endlich in den Leistungskatalog der Krankenkassen aufgenommen wird!

    Mit freundlichen Grüßen

    Nicola

  • hallo Conny,

    diese aussage spiegelt meine erfahrung mit den ärzten wieder.für mich nichts neues. ich habe mich daran gewöhnt, das ich es nicht wert bin behandelt zu werden. diese erkrankung ist nicht lebensbedrohlich. man fängt an sich zu hassen, wenn man in den spiegel schaut, der haß steigert sich bis zu suizid gedanken.
    ich bin mittlerweile bei einem BMI von 35 gelandet und haße mich von tag zu tag mehr.dafür gehe ich nun in psychotherapie. für mich nur eine kostenverschiebung mit fragwürdigen ausgang. der mensch ist in unserer gesellschaft nichts mehr wert.

    An dieser stelle möchte ich mich bei Dr. Felmerer (Uniklinik Freiburg) bedanken, der meine hilferufe anerkannt hat, und hilfe angeboten hat, die ich nicht angenommen habe aus angst wieder nur abgewiesen zu werden.

  • Hallo Frau Kraus,
    auch wenn Sie über meine Aussage "zutiefst entsetzt" sind, so werden Sie sich wahrscheinlich in Zukunft damit abfinden müssen, dass unser heutiges Sozialsystem zunehmend auf Eigenverantwortlichkeit setzen wird, da die Kosten des jetzigen Systems nicht mehr tragbar sind. Wenn Sie sich mal die Mühe machen würden und sich die Sozialsysteme anderer Länder ansehen würden, dann würden Sie feststellen, dass wir hier in Deutschland gerade in der Lymphologie eine sehr gute Versorgung haben, wie sie es sonst weltweit nicht mehr gibt. Aber die Kosten sind nicht mehr finanzierbar und höhere Krankenkassenkosten sind aus außenwirtschaftlichen Gründen nicht mehr akzeptabel. Also bleibt nur der Ausweg dort Leistungen einzuschränken, wo durch Eigenverantwortlichkeit Kosten eingespart werden können. Und dabei wird die Adipositas sicherlich eine ganz neue Bewertung erfahren.
    MfG
    Dr. Herpertz

  • Hallo Herr Dr. Herpertz.

    Ich weiss wie gut hier in Deutschland das System ist, da ich in Österreich lebe und den direkten Vergleich ziehen kann. Ebenfalls sehe ich ein, dass gespart wird, wo nur geht.
    Was mich nur stört, ist die Pauschalisierung, die Sie hier treffen. Sicher gibt es auch Lymphödem-Patienten, denen man mühelos die Lymphdrainage streichen könnte, da sie danach keine Bandagierung anlegen lassen wollen und auch den Rest der Zeit keine Kompression anlegen wollen. (Stört bei der Hausarbeit, habe noch was vor, ... All diese Argumente hat mir meine Physiotherapeutin berichtet, sie begegnet Ihnen täglich.)

    Patienten mit Lipödem und Adipositas haben, wie Ihr Kollege auch bestätigt hat, eben zwei Probleme und beide gehören behandelt. Beide bekommt man durch gewisse Konsequenz der Patienten und Unterstützung von Ärzten und Therapeuten in den Griff, dass sehe ich an mir selbst. Ich trage meine Kompression, ich laufe, schwimme UND gehe eben zur Lymphdrainage und sehe den Erfolg!!! Zwar langsam aber eben doch, und auch wenn das Gewicht und der Umfang der Beine einfach nur mal für ein halbes Jahr stagniert, ist das doch auch aus Ihrer Sicht sicher ein Erfolg?

    Sicher bin ich bei Ihnen, denen die Leistungen zu kürzen, die von sich aus nichts tun, aber bitte nicht so pauschal für alle. Das verleitet doch nur zu falschen Schlüssen.
    Keiner Frau mit Adipositas ist geholfen, wenn so geurteilt wird, dass schafft nur neue, meist psychische Probleme. Die beiden Krankheiten gehen Hand in Hand und müssen auch gemeinsam bekämpft werden.

    Viele Patientinnen sind auf Sie, die Ärzte, deren Verständnis und Unterstützung angewiesen, da sie es aus eigener Kraft nicht schaffen!!!

    Viele Grüße und ein schönes neues Jahr,
    C. Kraus

  • He, nicht unterkriegen lassen!!!!
    Bleib dran, geh spazieren mit der Kompression, dass ist schon ein guter Anfang und man fühlt sich hinterher super. Jeden Tag einfach etwas mehr und Du wirst sehen, es wird, du schaffst es!

  • In Österreich hätten Sie den Vorteil, dass die Liposuktion des Lipödems von den Krankenkassen bezahlt wird.

  • Hallo Herr Dr. Schingale.

    Habe es bis jetzt nicht versucht, aber von meiner Ärztin (Dr. Menzinger) hier die Auskunft bekommen, dass die Übernahme sehr, sehr unwahrscheinlich ist.

    Zu den Kompressionsstrümpfen muss ich um die 200, zur Lymphdrainage 30 Euro pro Behandlung zuzahlen, dies ließ mich nicht hoffen, dass die OP von der Krankenkasse übernommen wird.

    Bei dieser Gelegenheit möchte ich Ihnen und Ihrem Team in Hirschbach für Ihr Engagement und die Motivation danken, die mir bei Ihnen im Juni zugegangen ist!
    Seitdem trage ich brav meine Kompression, bewege mich und halte mein Gewicht! Der Umfang der Unterschenkel hat sich um fasst einen cm reduziert, es geht langsam, aber es geht voran.
    Vielen lieben Dank auch für alle Infos in diesem Forum, Ärzte wie Sie trifft man selten.
    PS: die Tour mit den Lamas war echt witzig!

    Alles Gute für Sie im neuen Jahr,
    Conny Kraus

  • >In Österreich hätten Sie den Vorteil, dass die Liposuktion des Lipödems von den Krankenkassen bezahlt wird.

    Sorry, aber das ist Unfug! Ich habe letztes Jahr aufgrund dieser Behauptung alle Krankenkasse Österreichs angemailt, die Antwort kann man in einem Satz zusammenfassen: Auch in Österreich werden nur Einzelfallentscheidungen getroffen.

    In meinem Forum kann man Details nachlesen.

  • Wir haben gerade eine Patientin in der Nachbehandlung, die als Therapeutin in Österreich arbeitet. Sie hat die Liposuktion bei Dr. Sandhofer in Wien von der Krankenkasse bezahlt bekommen.

  • Die Einzelfallentscheidungen werden in Österreich aber schneller getroffen als bei uns. Dafür wird die LD nicht gezahlt.

  • Sehr geehrter Herr Dr.Herpertz,

    in gut 2 Monate soll ich in der Lymph-Klinik, die Sie leiten, einchecken. Was ich aber in diesem Forum ihrerseits zu lesen bekam, hat mich sehr nachdenklich und auch wütend gemacht, und ich frage mich, ob ich in dieser Klinik wirklich gut aufgehoben sein werde!? Denn auch ich bin nur eine von vielen fetten Frauen, die wegen ihrer angeborenen Lipödeme beider Beine (zwei wulstige Säulen)in Ihrer Klinik Hilfe suchen. Bis jetzt hoffte ich auch diese dort zu finden, aber nur bis jetzt. . .
    Nun, ich will ganz ehrlich sein, bin seit 17 Jahren in lymphatischer Behandlung.
    Habe in einer Lymphklinik/Süddeutschland(da machte ich den Anfang), mit tollen, verständnisvollen Ärzten(die heute leider schon in Rente sind), 1992 mein Gewicht von 96 kg auf 65 kg reduziert(innerhalb eines Jahres)
    Habe dieses Gewicht auch gehalten, bis mir 1997 die Gebärmutter entfernt wurde
    und ich noch zusätzlich unter schweren endogenen Depressionen und Angstattacken erkrankte. Ab da ging es wieder mit den Kilos bergauf, heute wiege ich wieder ca 100 kg. Wieviele Tabletten Psychopharmaka ich in all den Jahren schon geschluckt habe, um wenigstens meinen Beruf ausüben zu können und meine Familie versorgen zu können, danach fragt kein Arzt, auch Sie bestimmt nicht. Psychotherapien haben auch nur einen minimalen Erfolg gebracht. Für meine Beine mache ich Nordic Walking, fahre Rad, mache Yoga-Übungen, gehe 2xwöchentlich zur LD, trage Kompression, es hilft alles nichts mehr. Seit Jahren trage ich keine Röcke und Kleider mehr, auch keine schicken Schuhe, schäme mich, meine Beine sogar nackt vor meinem Mann zu zeigen. Und nun muß ich mich noch zusätzlich mit diesen Schuldgefühlen belasten, dass ich ja eigentlch selber Schuld bin an meiner ganzen Misere. Vor Jahren sagte mir mal ein Hausarzt -Sie müssen mit diesen Beinen so leben, wie ich mit meiner Glatze-, auch Ihre Behauptung (und das als Lymphologe)ist keinen Deut besser!
    Ich habe von Anfang an die Behandlung in einer anderen Klinik verlangt, wurde aber von der BfA an Ihre Klinik verwiesen. Hatte bis dato von Ihnen und dieser Klinik nie etwas gehört und bin jetzt zutiefst verängstigt, auf wieviel Ablehnung ich da, bei meinem Krankheitsbild, stossen werde. Ausserdem will ich Ihnen noch mitteilen, dass ich nur AOK versichert bin, das Kämpfen aber gewohnt bin und mich so schnell nicht unterkriegen lasse!!!

    Also, auf in den Kampf Torero(s). Wer kämpft, kann verlieren, wer aber nicht kämpft, der hat schon verloren!!!

    mfg-Monika


  • Hallo Monika,
    auf Ihr Vorurteil-gespiektes Schreiben will und kann ich Ihnen in der Sache nicht antworten, da ich Sie nicht kenne.
    Ich betreibe eine "Kritische Lymphologie" und keinem Patienten, der MLD wirklich benötigt, wurde diese Therapie von mir verwehrt. Aber andererseits konnte ich schon viele Patienten von MLD und Bestrumpfung befreien, die diese nicht indiziert bekamen. Und dafür waren diese dankbar.
    Im übrigen haben wir hier in der Taunusklinik Psychologen und Psychiater, die in Situationen wie Ihrer sehr gut helfen konnten.
    MfG
    Dr. Herpertz

  • Sehr geehrter Herr Dr. Herpertz,

    danke für Ihre Antwort, hab mich jetzt auch etwas beruhigt.
    Es war wirklich kein Vorurteils-Schreiben, aber es hat sich
    alles so angehört, als kämen adipöse Frauen zur Kur und nachher
    war eh alles für die Katz, und für solche Fälle soll nicht mehr bezahlt werden!
    Das kann ja in dem einen oder anderen
    Fall auch so sein, dass will ich gar nicht abstreiten.
    Aber bitte nicht immer alle in einen Topf werfen. Ich meinerseits
    werde alles tun, um wenigstens eitwas Linderung und Erfolg zu erzielen.

    Freue mich darum auf einen Aufenthalt in Ihrer Klinik!
    Auf eine gute Zusammenarbeit,

    Monika

  • Hallo Monika,
    Ihr schreiben vom 07.01.07 habe ich mit großen Erstaunen gelesen.
    Ich selber bin ein Mann von 60 Jahre und bestimmt nicht schlank. Meine Beine waren stramm gefüllt und die MLD hatte fast keinen Erfolg mehr. Mein ganz großes Glück war es, am 30.10.06 für 3 Wochen in die Klinik von Dr. Herpertz zu kommen, denn hier wurde mir fantastisch geholfen. Niemand vom Klinikpersonal hat sich jemand über meine Leibesfülle negativ geäußert oder Druck auf mich ausgeübt. In der Klinik gibt es sehr gute Lymphtherapeuten die ihnen bestimmt helfen können, ich selbst habe in 3 Wochen 10 Kg verloren und bin Dr. Herpertz und seinem Team dankbar.
    Aber um eines möchte ich sie bitten, vergessen sie ihre Vorurteile gegeüber Dr. Herpertz und seinem Team, denn sie können sicher sein, die werden ihnen Vorurteilsfrei helfen.
    Ich würde mich freuen, wenn ich nach ihrem Aufenthalt in der Taunusklinik von hören würde, wie es ihnen gefallen hat.

    mfg

    Volker L.
    genannt Powerrolli68@aol.com

  • Hallo Volker,

    danke für Ihr Schreiben, fahre bestimmt vorurteilslos in die Klinik.
    War wirklich nicht so "hart" gemeint, wie es aufgenommen wurde, SORRY. Hab
    mich nur etwas aufgeregt, über das, was uns moppeligen Lymphpatienten
    noch alles gestrichen werden soll.
    Danke, dass Sie mir soviel Mut machen. Werde mich nach dem Aufenthalt,
    oder vielleicht sogar schon während der REHA, im Lymphforum melden.

    mfg,
    Monika

  • Hallo Monika!
    Wann geht es denn bei Dir zur Reha nach Bad Nauheim?
    Ich werde auch bald zur Reha nach Bad Nauheim fahren und bin schon mächtig gespannt, was mich erwartet.
    Liebe Grüsse,
    sophia73

  • Hallo Sophia,

    ich fahre Anfang März nach Bad Nauheim, kann arbeitsbedingt nicht
    anders. Wäre schön Dich dort zu treffen, denn geteiltes Leid ist
    halbes Leid. Wann ist Dein Termin in der Klinik?

    Liebe Grüsse und toi,toi,toi,
    Monika

  • Hallo Monika!
    Ich fahre Mitte Februar nach Bad Nauheim. Wenn Du dann Anfang März kommst, sehen wir uns wahrscheinlich nicht mehr oder vielleicht auf die Schnelle in der An- und Abreise-Welle.
    Liebe Grüsse,
    sophia