Mal provokant gefragt....

  • Ich leide seit der Pubertät unter Übergewicht - mal mehr, mal weniger. Bis zur Schwangerschaft vor 17 Jahren hatte ich alles gut im Griff - und auch die Beine waren fast ganz schlank.


    Ich habe nun vor 3 Jahren durch eine Unterfunktion der Schilddrüse relativ schnell 35 kg zugenommen. Und habe seither wieder Probleme mit den Beinen.


    Lip-Lymphödem plus Krampfadern ist die Diagnose, seit Januar bekomme ich täglich MLD plus Bandagen. Mal abgesehen davon, dass ich mich seitdem richtig krank fühle und die Lebensqualität sich doch sehr verschlechtert habe stelle ich mir ernsthaft die Frage, ob sich nicht die "Fettverteilungsstörung" - was das Lipödem ja ist - nicht dadurch wesentlich verbessert,wenn ich erstmal alles daran setze, deutlich abzunehmen. Ich empfinde die MLD als angenehm, deutliche Verbesserungen sind aber nach 3 Monaten nicht feststellbar (ca 3 Zentimeter weniger im Kniebereich)


    Behandelt man durch die Therapie MLD plus Bandage nicht nur das Symptom??? Wäre es nicht viel effektiver, das Problem an der Wurzel zu packen und sich aufs Abnehmen konzentrieren? Denn hier gibt es einige, die unter erheblichem Übergewicht leiden - ich eingeschlossen.


    Wo kein Fett, da kein Ödem? Oder ist das zu einfach gedacht? Kann es nicht auch sein, dass ein Lymphödem dann entsteht, wenn zuviel Fett im Körper auf die Lymphgefäße drückt und so den Abfluss behindert? Ist das Lymphödem nicht sogar einfach nur eine Folgeerscheinung von viel Übergewicht??


    Das soll hier kein Angriff auf Übergewichtige sein - habe selbst einen BMI von 35. Ich frage mich nur, ob wir nicht alle in die falsche Richtung laufen. Ist die chronische Erkrankung nicht einfach nur eine Folgeerscheinung von viel Übergewicht und somit heilbar? ?(

  • Lip-Lymphödem plus Krampfadern ist die Diagnose, seit Januar bekomme ich täglich MLD plus Bandagen. (...) Ich empfinde die MLD als angenehm, deutliche Verbesserungen sind aber nach 3 Monaten nicht feststellbar (ca 3 Zentimeter weniger im Kniebereich)
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    Wo kein Fett, da kein Ödem? Oder ist das zu einfach gedacht? Kann es nicht auch sein, dass ein Lymphödem dann entsteht, wenn zuviel Fett im Körper auf die Lymphgefäße drückt und so den Abfluss behindert? Ist das Lymphödem nicht sogar einfach nur eine Folgeerscheinung von viel Übergewicht??

    3cm weniger im Kniebereich nach 4 Monaten finde ich eine tolle Verbesserung! So viel schaffte ich grad mal am Oberschenkel, mehr wird's auch nach 7 Monaten nicht. Dabei wirkt die MLD bei mir sehr gut, ohne 1x pro Woche geht es leider nicht. Allein die Kompressionshose ist zu wenig. Wenn du jeden Tag MLD und Bandagen bekommst trägst du gar keine Kompressionshose zusätzlich? Was sagt denn dein Physiotherapeut, findet er die 3cm am Knie auch zu wenig? Ich weiß das MLD nicht bei jedem erfolgreich ist, mein Arzt meinte "wie schön dass es ihnen hilft!". Außerdem ist die Umfangverringerung sicher auch abhängig von der Ausgangsdicke, da bin ich in der glücklichen Lage zu den leichteren Fällen zu gehören. Meine Beine sind so schlank wie schon lange nicht mehr. *freu* Zu dick wie der Rest des Körpers immer noch, klar.


    Ich denke das Abnehmen sicher eine Verbesserung bringt da die Beweglichkeit zunimmt und Bewegung gut ist. Die Muskeln arbeiten mit. Fettzellen verschwinden nicht, werden nur kleiner und leider ist beim Lipödem zuviel da. Von zu vielen Fettzellen kann nur eine Absaugung befreien und dann nicht mehr zunehmen. Ich habe seit ich 15 war schon oft + viel abgenommen :S aber meine Beine wurden nie wirklich schlank dabei. Ich habe mich mächtig geärgert und es als "habe die Stampfer meiner Oma eben geerbt" abgetan. Das war lange bevor ich die Diagnose primäres Lipolymphödem bekam.


    Heilung durch Abnehmen kann ich dir nicht zustimmen, Besserung ja. Also ran. 8)


    Gruß


    Unkraut

  • Hallo Birgit,


    als Kern Ihres Beitrags möchte ich gerne festhalten: Fettgewebe wirkt sich negativ auf jegliches Ödem aus, ob es sich dabei um ein primäres Lymphödem, ein sekundäres Lymphödem oder ein Lipödem handelt. Auch ist es so, dass etwa 85% der Lipödem-Patientinnen deutlich übergewichtig sind (Bauchfett!).


    Aber es gibt auch normal gewichtige Lipödem-Patientinnen und das widerlegt etwas die These von der Adipositas als alleinige Ursache für ein Lipödem.
    Bleiben Sie dran mit dem Abnehmen! Die Lymphdrainage kann Fettgewebe nicht beseitigen, aber Ihnen die Beschwerden nehmen.

  • Hallo Birgit (aus Hamburg),


    jetzt bin ich mal provokant, weil ich viele Fehldiagnosen im Laufe der Zeit feststellen musste, stimmt denn deine Diagnose? Dies kannst du ja und andere Betroffene vielleicht anhand meiner Beschreibung herausfinden.


    Also um die Diagnose des Lip-Lymphödems zu stellen sollte man ein paar Sachen beachten.


    Grundvoraussetzung ist Frau zu sein und eine Fettverteilungsstörung zu haben. Das heisst, bei Frauen verteilt sich das Fett im Gegensatz zum Mann (Bauch) eher gleichmässiger am Körper. Wenn jetzt das Fett bevorzugt an den Beinen-Po Bereich und/oder den Armen bis zu den Knöcheln auftritt, kann man von einer Fettverteilungsstörung ausgehen (Fachbegriff nach Dr. Herpertz: Lipohypertrophie). Diese Lipohypertrophie lässt sich auch nicht weghungern, es ist eine Veranlagung. ("Problemzone" (Bauch-)Beine-Po; "ich nehme überall ab nur nicht an Beinen und am Po"). Die Lipohypertrophie entsteht in der Regel in der Pubertät, kann aber auch später auftreten, jedoch nur selten nach dem 40. Lebensjahr.


    Das Frau sein zusammen mit Lipohypertrophie heisst allein noch nicht, dass man ein Lipödem hat.


    Von einem Lipödem kann man erst ausgehen, wenn dazu Beschwerden kommen, wie Spannungsgefühl, Schweregefühl und schnelle Ermüdbarkeit kommen, meist ist dies verbunden mit druckschmerzempfindlichen Fettgewebe ("ich kann meine Kinder nicht bei mir auf dem Schoss sitzen lassen").


    Also: Frau+Lipohypertrophie+Ödembeschwerden(+Druckschmerzhaftes Fettgewebe)=Lipödem, die Füsse sind in aller Regel nicht oder nur minimal betroffen !


    Lipohypertrophie haben viele Frauen, ein Lipödem nur wenige.


    Will man etwas zu Besserung des Lipödems tun ist Abnehmen in Richtung Normalgewicht sicher sinnvoll. Bauchfett behindert den Lymphabfluss, weil die Lymphe nur durch schwache Kräfte weiterbewegt wird und anatomisch gesehen von den Beine her durch den Bauch in den Brustkorb muss, um abzufliessen. Ist im Bauch durch zu viel Fett besonders beim ständigen Sitzen ein zu hoher Druck bremst dies natürlich den Lymphabfluss bei jeglichem Ödem.


    Die Lymphe fliesst bei Frauen mit Lipödem so gut bzw. sogar besser als bei Gesunden. Nach Jahren kann es dann aber zu einer Verschlechterung des Lymphsystems kommen (Überlastung?, lt. Földi: Alterung der Gefässe), die Folge ist dann ein Lip-Lymphödem, bei dem dann auffälligerweise auch die Füsse betroffen sind.


    Schwierig wird eine Diagnosestellung, wenn Lipohypertrophie oder Lipödem und venöse Ödeme zusammentreffen. Dies lässt sich nur nach gründlicher Untersuchung sagen.


    Hat man eine Lipohypertrophie, hilft moderater Gewichtsverlust (Richtung Normalgewicht BMI:25) und bei hoher vor allem psychischer Belastung nützt hier Fettabsaugung. Bei Lipödem sollte man eine Kompressionsbestrumpfung konsequent tragen und sich darin bewegen, weil der Wechseldruck durch die Muskeln zusammen mit dem Gegendruck durch die Strümpfe entstauuend wirkt. Zusätzlich kann auch eine Entsstauung maschinell durch mit Luftdruck betriebenen Kompressionshosen erreicht werden. Ebenfalls kann auch Manuelle Lymphdrainage machen, es kann aber sein, dass man Schwierigkeiten bei der Verordnung bekommt (meines Wissens nach nicht im Leistungskatalog). Bei Lip-Lymphödem ist die manuelle Lymphdrainage meistens notwendig und kann auch verordnet werden.


    Dies ist eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Punkte. Wer mehr wissen will, kann dies auf der Seite von Dr. Herpertz erfahren: http://www.lipoedem.de/


    So, ich hoffe die Sache wird etwas klarer.

  • Lieber Dr. Thau,


    vielen Dank für die sehr ausführliche Antwort - ich bin mittlerweile auch der Meinung, dass die Diagnosestellung nicht so einfach ist. Ich bin aber auch nach wie vor der Meinung, je weniger Fett vorhanden, desto weniger ausgeprägt die Symptome. Und darauf lege ich jetzt meinen Fokus. Lasse die Kohlenhydrate bis auf 20 g täglich komplett weg - denn an diese Ernährung ist unser Körper immer noch angepasst. Habe in 13 Tagen 8 kg verloren....mir geht es phantastisch und das Ödem geht zurück! Werde weiter berichten....


    Viele Grüße.....