Diagnose Lymphödem - benötige Erfahrungsberichte

  • Hallo liebe Forumsnutzer,


    ich habe ebenfalls vor ca. 2 Wochen die Diagnose Lymphödem (beide Beine) erhalten und soll nun eine Komplexe Entstauungstherapie machen. Habe mich auch schon intensiv mit dem Thema befasst und weiß, was in etwa auf mich zukommt. Allerdings habe ich doch noch einige Frage, von denen ich mir erhoffe, dass sie mir einige von euch beantworten können.


    1. Empfohlen wurde mir vom Arzt eine Therapeutin in der Nähe meines Arbeitsplatzes. Ich fahre jeden Tag einfache Strecke knappe 40km zur Arbeit. Ich bin Kauffrau, verbringe demnach ca. 9 Stunden am Tag am Schreibtisch. Wie verträgt sich die Therapie generell mit Arbeiten? Ganz abgesehen davon, dass durch die Bandagen das Thema Kleidung nicht ganz einfach ist, ist es denke ich ja dann auch nicht Sinn und zweck den Tag am Schreibtisch zu verbringen. Zudem finde ich, müssen nicht unbedingt alle Kollegen das ganze mitbekommen. Wird man für die Dauer krankgeschrieben?


    2. wie erwähnt muss ich Auto fahren. Ist das generell möglich? Habe gelesen, dass der Versicherungsschutz entfällt?


    3. soll ich mich in jedem Falle um eine Reha bemühen? Meiner Meinung nach wäre es wahrscheinlich fast sinnvoller, meine Ödeme in einer Klinik komprimiert behandeln zu lassen, um auch die entsprechenden Rahmenbedingungen wie Bewegung, Ernährung richtig in Angriff zu nehmen. Was meint ihr?


    4. wie geht ihr mit Tiefs um? ich bin ansich ein recht lebenslustiger Mensch, zudem frisch verheiratet und auch mein Job macht mir meist Spass. Seit einigen Wochen jedoch - noch vor der Diagnose - fühle ich mich oft niedergeschlagen, könnte manchmal eigentlich ohne tieferen Grund heulen, bin bisweilen sehr gereizt und lustlos. Gut, wir haben hier auf Arbeit grad ein Sommerloch und somit wenig zu tun, was mich wahrscheinlich zusätzlich belastet, aber ich denke doch, dass der Großteil mit der Diagnose zusammenhängt. Andererseits bin ich jedoch froh, dass ich im Gegensatz zu anderen keine Schmerzen habe, sondern die Beine "nur" unschön anzusehen sind - da ich auch etwas korpulenter bin und ich meist Hosen trage, fällt es meiner Umwelt auch nicht wirklich auf.


    5. an alle, die wie ich voll im Beruf stehen: habt ihr eueren Chef miteinbezogen, ihm die Diagnose mitgeteilt? Ich habe ansich ein sehr offenes Verhältnis mit meinem Chef, weiß aber nicht, ob ich ihn den Stand der Dinge so speziell mitteilen soll. Hat hier jemand Erfahrungen?


    6. Hat jemand mit der Diagnose mit einer Schwangerschaft? Wir wünschen uns so sehr ein Kind und ich habe schon gelesen, dass die Diagnose kein Hindernis sein soll, allerdings würden mich eure Erfahrungen interessieren. Haben sich die Ödeme verschlechtert? Sollte man weiterhin Lymphdrainage und Bandage machen?


    Ich freue mich auf eure Antworten und verbleibe bis dahin mit vielen lieben Grüßen



    Kathi

  • Guten Tag, Kathi,


    ich bin als Nicht-Betroffene ja nicht direkt angesprochen, aber eine Frage: Ist eine Unterfunktion der Schilddrüse laborchemisch ausgeschlossen worden??? Dies könnte zu Niedergeschlagenheit, Stimmungsschwankungen und Ödemen führen... außerdem bei der Erfüllung des Kinderwunsches im Wege stehen...


    Meine Empfehlung lautet daher, hier nachzuhaken.

    Sabine Stüting


    Ärztin, Klinik Rheine

  • Hallo :)


    Also zu
    1. Bandagieren macht eher nach der Arbeit Sinn, denn damit im Büro sitzen ist nicht wirklich Sinnvoll. Für den Alltag im Büro bekommst du ja deine Kompressionsstrümpfe. Für die ambulante Therapie wirst du eigentlich Krankgeschrieben. Am besten ist aber schon ein stationärer Aufenthalt dafür. Denn du bist sehr eingeschränkt im Alltag. Dauerhaft im Büro sitzen ist eigentlich eh nicht drin.


    2. Nein! Mit Bandagierten Beinen kannst du definitiv nicht Autofahren. Du bist absolut nicht in der Lage richtig zu reagieren, gescheige denn dosiert Gas zu geben oder zu bremsen. Man darf es auch nicht.


    3. Ja, eine stationäre Therapie wäre das sinnvollste, da in der Bandagierung sehr viel Bewegung auf dem Programm steht. Ausserdem finden in der Reha Schulungen statt. Es wird 1-2 mal pro Tag gelympht etc...lies hierzu am besten die Berichte im forum.


    4. Ja Tiefs...Das ist manchmal nicht ganz so einfach. Im gegensatz zu dir habe ich ein Lipolymphödem, sprich es kommen noch ein paar unschöne Details dazu. Naja im Endeffet hilft vermutlich nur sich durch zu kämpfen und sich was schönes zu gönnen. Denke ich. Aber da hat wohl jeder so sein eignes Rezept.


    5. Ich schon. Ich bin Werksstudentin und da ich im März zur stationären war, habe ich eine Krankschreibung gebraucht und mßte es erzählen. Bei mir haben alle Verständnis und ich darf überall meine Beine hochlegen, auch wenn eine Drainage Termin mal etwas ungünstig liegt ist das hier kein Problem. Ich denke aber das sollte man sich gut überlegen...Bei meinem alten Arbeitgeber hätte ich wohl nicht diese Unterstützung bekommen. Eher a la "wie du mußt ins Krankenhaus? Ja dann bekommst du für die zeit keinen Arbeitsvertrag"...wie ich dann meine Miete zahle wäre denen wohl wurscht gewesen...

  • @ Dr. Stüting: da ich natürlich selbst etwas unruhig wurde, habe ich mich durchchecken lassen, also mit Blutbild etc. Da mein Hausarzt derzeit jedoch im Urlaub ist, kenne ich das Ergebnis noch nicht. Er meinte nur, er würde sich natürlich sofort melden, falls etwas Gravierendes vorliegen würde.


    KaRo: vielen Dank für deine zügigen Antworten, das hilft mir durchaus weiter. Da ich hier im Büro sagen wir mal verwaltungstechnisch die tragende und auch einzige Kraft bin, werde ich wohl meinen Chef in einem Gespräch aufklären. Ich denke er wird verständig sein, zumal ich eigentlich noch nie krank war. ich selbst weiß im Moment auch noch nicht genau, wie es nun weitergeht. Bekam gerade ein Antibiotikum zum Abheilen einer kleiner Wundrose und nun warte ich auf Rückkehr meines Arztes.

  • Hallo Kathi,


    als KPE- Therapeutin kann ich dir den Rat geben, das alles mit der /dem Therapeuten deiner Wahl zu besprechen.
    Ich würde mit einer Patientin wie dir - abgesehen von dem Nicht Wissen, was die Ursache für das Lymphödem ist und das eigentliche Ausmaß - so vorgehen:
    Therapie einschleichend beginnen (z.B. 2 x wöchent.), damit Patient weiß, was auf ihn zukommt. Oft helfen Patienten mit gleichem Krankheitsbild mit, dem Neuling ihre Erfahrung zu schildern (Austausch von Telefonnummern). Dann haben wir eine Selbsthilfegruppe vor Ort, darüber läuft auch viel Austausch. Oder die Patienten - Lymphschulung. Wenn man dann weiß was geht oder nicht geht, d.h. organisatorisch nicht machbar ist, entweder krankschreiben (je nach Ödemzustand 1-2- Wochen ) oder Fachklinik wählen. Ich habe Patienten, die fahren bandagiert (beide Beine - aber ambulant abgespeckte Version) seit 10 Jahren 70 km nach hause. WObei ich bei schlechter Witterung auf US Bandage reduziere oder nur bestrumpfe. Das Problem fahren wird gesprochen und geübt. Wenn es ihn gibt, fährt der Partner oder die Eltern, oder PAt kommt auch mit Radl.
    Bei Krankschreiben den Alltag absprecken, andere PUtzen, Einkaufen lassen und es hat sich bei uns bewährt, Diät zu machen, täglich schwimmen zu gehn ( wenn Pat. sich traut - je nach Ödem ), Nordic Walking, es ist unglaublich, was man bandagiert alles machen kann, die Patienten probieren alles aus. Dazu kommt Selbstbandagierung, entweder macht der Patient selbst oder die Angehörigen werden angeleitet oder Pflegedienst.
    Die Jahreszeit spielt auch ne Rolle, ich entstaue im Frühjahr und Herbst, im Winter ist es unbequem, es ist nicht einfach mit Schuhen und Hosen, im Sommer arbeit die Wärme gegen die Entstauung und dem Neuling vergraule ich die KPE von Anfang an.
    Unterschenkelbandage geht auch beim Arbeiten, Fußgymnastik unterm Tisch, immer mal aufstehn und bewegen.
    Da zu der KPE dann noch das oft leidige Thema der Bestrumpfung ansteht und dann eine KPE Phase I, (tägliche Behandlung) sprichwörtlich für die Füß ist, weil sich oft zu spät erst die Frage stellt, welches Sanitätshaus, welcher Abmesser, Genehmigung bei den Krankenkassen, geht nach der Krankschreibung viel Zeit ins Land, bis die Bestrumpfung da ist. Und ob sie dann gleich passt, ist nicht immer gesagt. Also ist es wichtig, alle Versorger gleich ins Boot zu bekommen, wann wird abgemessen, wie lange dauert die Genehming. Vielleicht erst ambulant entstauen, wenn die Genehmigung da ist, dann wird entstaut, im Anschluss die MAße für den Strumpf genommen und dann dauert es ganz unterschiedlich, bis die Bestrumpfung da ist.
    Gerade, wenn vor Ort es nicht einfach ist und das kann man mit dem Therapeuten besprechen, auf Grund seiner Erfahrung, ist es besser, zuerst mit der Entstauung in einer Fachklinik zu beginnen. Auch kommt man mit 2 facher Bestrumpfung nach hause. Und kann den Alltag, den du schildert, besser in Einklang bringen.
    Um die Fahrt bandagiert zu umgehen, könnest du dir auch einen Therapeuten zu hause suchen. Meine meisten Patienten sind berufstätig und auch wenn wir abends noch bandagieren, haben wir Erfolg.


    Insgesamt kann ich sagen, das jede Therapie individuell ist und das zwischen den Versorger des Patienten abgesprochen werden muss. Und wir planen gemeinsam. Der Arzt schreibt dann entsprechend das Rezept, wie es für die Situation passt.
    Zur Schwangerschaft. Ich hatte jetzt eine Patientin in der gleichen Situation und wir haben besprochen, zuerst eine intensive Entstuung zu machen, dann als Bestrumpfung nur Oberschenkelstrümpfe, keine Strumpfhose. Dann kann der Bauch wachsen und die Strümpfe kann man die SS über anziehen. Bei Wassereinlagerungen kann man auf die Strümpfe bandagieren. Hat sich auch bei nicht Schwangeren bewährt. Beim Bandagieren kann man den PArtner gut einbinden, nicht nur zun Bindenaufwickeln :D


    Viele Grüße
    Barbara

  • Oh ja ich war dabei!!!!


    Wenn ich es nicht besser wüsste, hätte ich es nicht bemerkt.


    Weder vom Aussehen noch vom Fahrstil.


    Ich selber bin zu Hause (Hamburg), bandagiert bis zu den Knien, Auto gefahren.


    Passe bandagiert nur in XXL-Turnschuhe, aber ich traf mit einem Fuß keine 2 Pedale und genug Fußfreiheit hatte ich auch noch.


    Ich würde es im bandagierten Zustand erstmal mit dem Reinsetzen ins Auto ausprobieren und ganz selbstkritisch sein,
    ob ich den Anforderungen des Straßenverkehrs gewachsen bin.


    LG




    AJ

    Achtung, die Signatur entfällt wegen Bodennebel!

  • naja jeder wie er meint.
    Auf dem Land mag das durchaus funktionieren.
    Hier in Muc würde ich nie bandagiert fahren und ich bin definitiv als rutinierter Dauerfahrer einzuordnen. Hier ist dafür definitiv zu viel los. Ganz ehrlich ich denke schon dass eine Einschränkung vorhanden ist, ich glaube nur dass du dich dran gewöhnt hast und diese ganz gut kompensieren kannst. du bist ja auch zu Hause öfter bandagiert nicht?


    Natürlich stehts nicht direkt im Gesetz drin, das läuft wohl eher unter mit Gips fahren bzw. mit falschen Schuhen etc...mit FlipFlops darf man auch nicht fahren (z.B.).


    Ich würde das Risiko nicht eingehen, wenn da was schief geht wird man seines Lebens nicht mehr froh. Denn egal was passiert man hat immer mindestens Teilschuld, sogar wenn jemand hinten drauf fährt.

  • Barbara R. : vielen Dank für die ausführliche Ausführung. Ich werde jetzt auf die Rückkehr meines Arztes warten und mit ihm die ganzen Dinge besprechen, wie wir bei mir am besten vorgehen. Bin ja nur froh, dass ich das "Glück" habe, dass das Bandagieren nun in den Herbst fällt. In den letzten Wochen hätte ich das nicht unbedingt gebrauchen können. Insgesamt sehe ich bisher alles recht positiv, da auch der Phlebologe meinte, dass die Chancen bei mir sehr gut stünden ein sehr gutes Ergebnis zu erzielen.


    @ Karo: da wohnen wir gar nicht so weit auseinander. Wohne ca. 30 Minuten südlich von München, Richtung GAP und arbeite in STA. Deine Bedenken was das Fahren betrifft, kann ich nachvollziehen - ich bin da auch eher skeptisch, gerade wenn dann wirklich was passiert. Jetzt warte ich mal ab, da ich mir ja bisher nur sehr schwer vorstellen kann, wie sich das mit Bandage anfühlt

  • Meine Erfahrung ist:


    Gangwerk: Pinguin
    Optik: Michelinmännchen, wobei das bei mir nicht so schlimm war, da ich noch normale Hosen tragen konnte. Genauso wie Lunatica...nur an Autofahren war absolut nicht zu denken.


    @Lunatica: Ah okay, du fährst im Alltag nur bis zu den Knien bandagiert? Das kann ich mir vorstellen, dass das geht. Aber mit dem ganzen Schaumstoff etc...bei der Vollbandagierung hab ich für mich meine Zweifell und bei mir wars noch relativ harmlos.