Gibt es ein ganzheitliches Therapieangebot?

  • Hallo in die Runde,


    bin Physiotherapeut und befasse mich schon länger mit der Thematik Lymphödem/Lipödem.

    Heute hatten wir im Team erst eine Diskussion über die MLD. Eine Kollegin hat erst dieses Jahr die Fortbildung absolviert. Leider gibt anscheinend keine neuen Erkenntnisse bzw. Anpassung der Techniken. Auch auf das Thema Hautpflege wurde nur spärlich hingewiesen.

    Wer hat Erfahrungen mit einem Therapieangebot mit folgenden Inhalten bzw. die Kombination / Aufbau eines Termins ? (in welcher Einrichtung wird dies angeboten)

    1. Lymphtee

    2.MLD mit Techniken aus der Manuellen Therapie, Faszien Therapie, Atemtherapie

    3. Hautpflege (Beratung von Pflegeprodukten Duschöl, Bodylotion, Peeling,...)

    4. Übungen für Daheim

    5. Empfehlung für die Kompressionsanpassung


    Was ist für euch noch wichtig? Was fehlt?

  • Die Punkte 2.-5. werden im station. setting, also der stationären lymphologischen Rehabilitation angeboten. ( zumindest im Wittlinger Therapiezentrum in Walchsee, aber ich denke auch in den anderen spezialisierten Kliniken).

    Grundaufbau bleiben die Säulen der KPE (gut dokumentiert und begründet in der Leitlinie Lymphödem der AWMF) und individuell wird dann noch extra auf Besonderheiten, wie muskul. Probleme, fasziale Probleme, Defizite in der Bewegung, Ernährung, Psyche, individuelle Strumpfversorgungssystem/Bandagesysteme, Erklärvideos für Turnübungen, Erklärvideos Selbstbandage, apps für Turnübungne (sophy app z.B.), etc.

    Das alles erfordert eine Menge Zeit, know how und Arbeitsteilung (Therapeuten, Diätologen, Psychologen, Atempädagogen, Sozialarbeiter, Wundmanager, Dermatologen, med. FUßpflege, etc.) und ist m.M. nach (leider) Im ambulanten setting nicht zu machen.

    Wobei andererseits nur ein Bruchteil der Patienten diese intensive Therapie benötigen und der große Rest, sehr gut mit dem amb. Programm zurecht kommt.


    Ich finde das o.g., das bei weitem nicht vollständig von mir aufgezählt ist, schon sehr "ganzheitlich".

    • Offizieller Beitrag

    MLD mit Techniken aus der Manuellen Therapie, Faszien Therapie,

    Mein Therapeut wendet bei mir (primäres Lymphödem linkes Bein) am Fuß einen Griff der Faszientherapie an, indem er zwischen den Mittelfußknochen mit dem Daumen von distal nach proximal mit kräftigem Druck "durchzieht". Das empfinde ich zum einen als sehr angenehm, zum anderen unterstützt es auch deutlich den Lymphabfluß aus dem Lymphsee im Bereich des Vorfußes.

    Seiner Aussage nach wird das so in der Fortbildung zum Lymph- und Ödemtherapeut nicht gelehrt, wir haben diese Methode sozusagen Off label übernommen.

  • Vielen Dank für die Antworten.

    Stimmt Kompression fehlt in der Aufzählung. Habe ich vergessen.

    Wollte auch nicht ein Behandlungsprogramm etc. darstellen. Das z. B. der Tee an erster Stelle steht war Zufall.

    KPE bieten wir an. Jedoch stelle ich immer wieder fest das die Patienten noch andere Defizite haben die nicht Bestandteil der MLD sind.

    Mein Interesse besteht darin die, durch die Krankenkassen gesetzten, Grenzen zu überschreiten um unser Angebot auf die Bedürfnisse anzupassen.

    Oft sieht man den Wald vor Bäumen nicht. Input von Betroffenen, Ärzten und Kollegen kann einem neue Wege aufzeigen.

    Akutell befinde ich mich noch in der Brainstorming Phase.

    Ein Beispiel : Nehmen wir die Mobilität von der Brustwirbelsaule und Rippen. Durch eine verbesserte Mobilität wird die Sog Wirkung des Thorax erhöht und führt somit zu einem besseren Laymphabfluss. Dazu würde ich noch das Zwerchfell zählen. Dies kann auch mobilisiert werden.


    So etwas ist bei den meisten Physio therapeuten kein Bestandteil der MLD.


    Zusammenfasend: Meine Intention ist es Möglichkeiten / Therapieinhalte zu finden, die ich übersehen habe (habe auch nicht alles aufgezählt) , um für eine ambulante Physiotherapiepraxis eine Spezialisierung zu entwickeln.

    • Offizieller Beitrag

    Kompression und Bandagierung ist nicht das gleiche!

    Beides spielt eine wichtige Rolle in der KPE sowohl in Phase 1, als auch in Phase 2


    Die Möglichkeit des Erlernens von Eigenbandagierung, das wäre ein Punkt, mit denen man vielen Lymphödem -Betroffennen mehr Selbständigkeit geben könnte. Es gibt dazu gute, mehrtägige Kurse in der Foeldiklinik.


    Aber nicht jeder kann zur stationären Entstauung für vier Wochen in eine Klinik gehen . Deshalb wäre das für mich ein zentraler Punkt , das in den verschiedenen Bundesländern solche Kurse für Betroffene wohnortnah angeboten werden.

  • Spannend mit der Eigenbandierung. Ich kenne den Unterschied zwischen Kompressionsstrümpfe und "Wickeln "😉. Der Großteil kommt jedoch mit bereits angepasster Kompression. Muß man dann mit den Ärzten besprechen.

    Danke für den Hinweis.

  • Aus meinem Alltag kann ich berichten das es in 99% der Fälle keine Bandagierung verordnet wird. Das letzte Mal habe ich richtig bandagiert während der Fortbildung. Wenn ein Patient kommt dann bringt er zu wenig Material mit bzw wurde nicht verordnet.

    Wie lange trägst du dann die Bandagierung? Siehst du einen Vorteil im Vergleich zur Kompression?

    Danke für deine Offenheit❤️

    • Offizieller Beitrag

    Ja, das ist halt das Problem, die wenigsten MLD-Therapeuten können bandagieren. Die allermeisten haben seit ihrem Kurs keine Bandagierung mehr gemacht.


    Kompressionsbestrumpfung hält mein Ödem einigermaßen über den Tag und die Nacht. Ich trage rund um die Uhr Bestrumpfung. Tagsüber medi 550 kkl3 , nachts den Jobst relax Nachtstrumpf in kkl2, beides AG.


    Die Bandagierung bleibt bei mir 22 Stunden drum und holt jede Woche ca 800 ml Flüssigkeit aus dem Bein.


    Würde ich nicht bandagiert werden, müsste ich vermutlich jährlich zur stationären Entstauung in eine Klinik. So kann ich die Abstände strecken.



    Ich kann dir genau sagen, welches Material für mein Bein benötigt wird und ich besorge es mir selbst.


    Die meisten Patienten wissen das nicht und können das nicht. Hier sehe ich die Aufgabe des MLD-Therapeuten, dem Patienten einen Zettel mitzugeben mit dem benötigten Material und den verordnenden Arzt über den Patienten zu bitten, zusätzlich die Bandagierung zu verordnen.

    • Offizieller Beitrag

    Die meisten Patienten wissen das nicht und können das nicht. Hier sehe ich die Aufgabe des MLD-Therapeuten, dem Patienten einen Zettel mitzugeben mit dem benötigten Material und den verordnenden Arzt über den Patienten zu bitten, zusätzlich die Bandagierung zu verordnen.

    Hallo Zusammen,

    Ich sehe bei jedem Mitglied der Versorgungskette Arzt , Lymphtherapeut und Sanitätshaus die Aufklärungspflicht, wie eigentlich eine leitliniengerechte Behandlung aussehen sollte .Welche Folgen sowohl eine korrekte , wie auch eine nicht korrekt durchgeführte Entstauungsphase- KPE1 und eine anschließende Erhaltungsphase-KPE2 hat, sollte ebenfalls vermittelt werden.

    Da es noch große Wissenslücken bei allen Beteiligten in der Versorgungskette gibt, sollte sich jeder berufen fühlen den Patienten dahingehend aufzuklären .

    • Offizieller Beitrag

    Du hast ja recht , kasimir .

    Blöd ist nur, wenn alle drei sich nicht auskennen. Und nicht mal wissen, dass sie keine Ahnung haben.


    Am besten klappt es meinem Gefühl nach, wenn ein Lymphnetz existiert und als solches gelebt wird.

    Oder wenn Patienten frühzeitig im Verlauf ihrer Erkrankung stationär entstaut wurden und dadurch wenigstens die Patienten wissen, worauf sie achten müssen.


    Ich habe bei der Bandagierung in neuen Praxen unglaubliche Geschichten erlebt. Gerade bei Therapeuten, die nur im Rahmen ihres MLD-Kurses ein paar gesunde Beine bandagiert haben. Und dann nie wieder.

  • Hallo NSP,

    zunächst einmal finde ich es gut, dass du/ihr nach weiteren Informationen für ein besseres Therapieangebot sucht. Und den Weg über das Forum halte ich auch nicht für den Schlechtesten (zusätzlich zu den Fortbildungsangeboten, die eh existieren). Denn manchmal klafft doch einiges auseinander, zwischen dem, was verordnet wird und dem, was einem als Patient weiterhilft.

    Mir war es zum Beispiel am Anfang wichtig, ganz viele Informationen zu sammeln (und so auch auf das Forum gestoßen). Dabei habe ich feststellen müssen, dass es gar nicht so leicht ist, informierte Ärzte, Therapeuten und Sanitätshäuser zu finden. Es war ganz viel Versuch und Irrtum. Eine stationäre Aufnahme kam aufgrund der familiären Situation nicht in Frage. Darum wäre ein Angebot, wie ihr es plant sehr hilfreich gewesen!

    Was ich noch vermisse, ist die apparative Unterstützung. Es wäre ganz praktisch, wenn man so etwas in einer Praxis ausprobieren könnte, denn es funktioniert ja nicht bei jedem und so könnte man einen sinnvollen Rhythmus für AIK und MLD austesten.

    Bei der Atemunterstützung hilft mir besonders eine bestimmte Technik:

    mit Druck auf den Bauch ausatmen und dann ganz plötzlich loslassen. Dabei entsteht eine richtige Sogwirkung bis in den Fuß.

    Außerdem wäre es gut, eine gewisse Eigenbehandlung als Unterstützung zu erlernen.

    Ich hoffe, meine Gedanken waren etwas hilfreich!


    Viele Grüße


    Kunigunde