Bauchtiefdrainage bei Genitallymphödem / Lymphzyste im Bauchraum

  • Hallo,


    ich habe meine Lymphtherapeutin gewechselt, diese lehnt eine Bauchbehandlung in meinem Falle ab. Es könnte zu kleinen Verletzungen im Narbengewebe kommen (Wertheim-M.-OP 12/2006, Bestrahlung/Chemo). Nun habe ich aber den Eindruck, dass mein Bauch etwas dicker geworden ist und über Nacht auch nicht mehr vollständig entstaut. Wenn ich über Tag meine Kompessionsstrümpfe (Leistenstrümpfe + Bermuda o. Strumpfhosen) trage, dann hat sich auch eine kleine "Wurst" über dem Rand gebildet. Nun meine Fragen: a) Sollte die Lymphtherapeutin den Bauch mitbehandelt, oder ist das richtig was sie tut? b) Staut sich evtl. alles bei mir in den Bauch? Oder ist es "normal" wenn die Leibesfülle am abend zugenommen hat.



    Ich danke Euch allen vorab ganz herzlich für Eure Antworten.



    Liebe Grüße


    Daniela

  • Hallo Daniela,
    gegen eine Bauch-MLD spricht nichts, solange keine Schmerzen dabei auftreten.
    Was ist denn mit der Lymphzyste oder eher Lymphozele?
    Gruß

    Dr. Herpertz

  • Hallo Daniela !
    Eine Abdominalsonographie läßt den " Bauchinnenraum" beurteilen . Eine Weichteilsonographie der Bauchdecke kann zusätzlich zur klinischen Untersuchung die Bauchdecke beuteilen lassen. Bauchtiefdrainage , zumindest druckabgemildert erscheint auch mir möglich.
    MfG

  • Lieber Herr Dr. Herpertz, lieber Dr. Martin,


    zunächst vielen Dank für Ihre Rückantwort. Die Lymphzyste hatte sich im April entzündet und sehr geschmerzt. Nach
    MRT-Untersuchung in der Klinik wurde beschlossen, zunächst alles so zu belassen, wenn nicht weiter auffällig. Im Oktober sollte ich es nochmal untersuchen lassen. Derzeit habe ich keine Probleme (schmerzhafter Art), die rechte Unterbauchseite wird im Laufe des Tage etwas "dicker". Sonst keine Beschwerden.


    Liebe Grüße


    Daniela

  • Hallo Daniela,


    in den führenden Lehrbüchern der Lymphologie ( welche Mediziner und lernende, wie auch gelernte Therapeuten benutzen) wird die Bauchtiefdrainage u.a. als Kontraindikation betrachtet, wenn es starke Verwachsungen als Folge operativer Eingriffe gegeben hat, sowie auch nach strahlentherapeutischer Behandlung der Bauch- oder Unterbauchregion. In Ihrem Fall würde man also zunächst davor zurückschrecken, in der freien Praxis die Bauchtiefdrainage zu machen, da die Therapeuten nicht abschätzen können, inwiefern in der Tiefe gelegene Strukturen geschädigt sind ( in einer Fachklinik mit entsprechenden apparativen Untersuchungsmöglichkeiten sieht das natürlich anderst aus). Dennoch wird man nicht darauf verzichten im Bauchbereich zu arbeiten, vor allem nicht bei einem ein- oder beidseitigen Beinlymphödem mit Genitalbeteiligung. Hier spricht man von einer sogenannten Ersatztherapie. Diese besteht aus einer intensiv durchgeführten Atemtherapie, Intensivierung der Zwerchfellatmung und Ersatzgriffen im Bereich des Quadratus-lumborum.


    Das wird Ihnen wahrscheinlichj nicht so viel sagen, aber die Therapeuten, welche die Komplexe physikalische Entstauungstherapie erlernen, müssen das wissen!


    Gruß Michael Felber

  • Hallo Herr Felber,
    Sie als Lehrer der Földischule schreiben, dass Bauchtiefdrainage bei Verwachsungen im Bauchraum kontraindiziert sei. Der leitende Oberarzt der Földikinik, Dr. Martin, schreibt, dass druckabgemilderte Bauchtiefdrainage möglich sei.
    Das sind zwei völlig gegensätzliche Auffassungen!
    Nicht nur mich, sondern sicherlich auch die anderen Forumleser wird es intersessieren, welche Meinung denn nun gilt.
    Gruß

    Dr. Herpertz

  • Hallo Herr Dr.Herpertz !
    Bei bekannten Verwachsungen intraabdominell ( z.B. nach perf. Appendizitis sowie nach z.B. schon Subileuszuständen nach Abdominellen Operationen)würden wir keine " volle" Bauchtiefdrainage durchführen. Ersatzgriffe und Bauchdeckenbehandlung sehr wohl.Anamnese ,Vorbefunde , Sonographie ( Auch zur Lymphozelenbeurteilung) helfen bei der Entscheidungsfindung weiter.Eine kleinere Lymphozele ist noch keine Kontraindikation.
    Die enge Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Physiotherapie in ein Fachklinik ist darüberhinaus geeignet Komplikationen sofort zu erkennen.
    In der niedergelassen Physiotherapeutenpraxis ist der Arzt , speziell der lymphologisch versierte oft " weit".Therapeuten würde ich daher auch unter dem Grundsatz " nihil nocere " in der amb. Praxis ,wie Herr Felber , zur Vorsicht raten. Welcher niedergelassene Kollege kennt darüberhinaus die Kontraindikationen der Bauchtiefdrainage genau? Wie empfehlen ,ggfs. detailliert,bei Entlassung auch den Aufbau der KPE/ML
    MfG

    Mit freundlichen Grüßen


    Dr. Peter Martin

    Chefarzt Földiklinik i.R.
    Hinterzarten

    Földiklinik Tel. 07652-124-0

    https://www.foeldiklinik.de/

    Einmal editiert, zuletzt von Dr. Martin ()

  • Sollten wir nicht solche Punkte in privaten Mails abhandeln und dann eine gemeinsame Stellungnahme abgeben?Die jeweilige Mail dann an die Forumsärzte zur Stellungnahme und dann in das Forum stellen.


    Die Empfehlung auch von unserer Seite: in der Ambulanz nach Lehrbuch, in der Klinik bei ständiger Kontrolle werden die Behandlungen auch bei relativer Kontraindikation durchgeführt: z.B. Erysipel. In der Klinik wird nach 3-4 Tagen wieder mit der Behandlung begonnen, in der ambulanten Praxis sicher nicht.


    Ein schönes Wochenende.

    Mit freundlichen Grüßen


    Dr. med. F.-J. Schingale
    ärztlicher Leiter Lympho Opt Klinik
    Pommelsbrunn
    Tel. 09154-911200
    http://www.lympho-opt.de/

  • Hallo Herr Dr.Herpertz,


    ich bin derselben Meinung wie Herr Dr. Schingale und habe deshalb meine Antwort im neu eingerichteten Forum für Ärzte und Therapeuten hinterlegt.


    freundlicher Gruß Michael Felber

  • Hallo Herr Dr. Schingale, Herr Felber und Herr Rothhardt,
    ich finde es nicht richtig unterschiedliche Meinungen im geschlossenen Forum zu diskutieren, zumal die Patienten es durchaus gewohnt sind von unterschiedlichen Ärzten auch unterschiedliche Diagnosen und Therapieempfehlungen zu hören. Unsere Patienten sind mittlerweile so aufgeklärt, dass sie eine Diskussion in einem nicht zugänglichem Forum eher als eine Geheimabsprache und als suspekt empfinden. Die modernen Patienten heute wollen gerne eine Zweitmeinung.


    Aber noch mal zurück zur Thematik der Bauchtiefdrainage.
    Da gibt es offensichtlich unterschiedliche Auffassungen über die Kontraindikationen. Ein generelles Ablehnen von Bauchtiefdrainage bei Verwachsungen und nach Bestrahlungen halte ich nicht für richtig. Seit vielen Jahren habe ich Hunderte von Patienten mit Bauchtiefdrainage behandeln lassen, die eine Unterbauchop. und auch Bestrahlung hinter sich hatten, ohne dass es Komplikationen gegeben hätte. Nach jeder Bauchop. entstehen Verwachsungen und nach jeder Bestrahlung entsteht eine Strahlenschädigung. Aber die Strahlenschäden sind heutzutage sehr gering, sodass nur ganz selten auf die Bauchtiefdrainage verzichtet werden muss. Es kommt immer auf den Grad der Schädigung an und den erkennt man recht gut an den spontanen Bauchbeschwerden und an der Reaktion auf die Tiefendrainage, die man selbstverständlich sehr vorsichtig beginnt.
    Es gibt auch für mich klare Kontraindikationen für Bauchtiefdrainage, die ich aber jetzt aus Zeitgründen nicht alle einzeln erwähnen möchte. Nachzulesen in meinem Lehrbuch "Ödeme und Lymphdrainage"
    Ich stimme im Übrigen mit der Einschätzung von Dr. Martin völlig überein.


    Gruß

    Dr. Herpertz

  • Jetzt sind wir doch nur einige wenige Spezialistenb, die auch unterschiedlicher Meinungen sind. Ist es dann verwunderlich, dass sich die übrigen Kollegen damit nicht beschäftigen möchten, da selbst wir teilweise andere Meinungen haben? Stationär wird sicher anders behandelt als in der Ambulanz.Deshalb war meine Empfehlung für die Amblanz immer, den Richtlinien zu folgen. Es gibt aber auch da Diskussionsbedarf, zumal in einigen Bundesländern jetzt die Therapeuten auch selbst die Therapie beginnen dürfen. Wir sollten die gesamten Indikationen und Kontraindikationen überarbeiten und dann eine einheitliche Meinung für die Ambulanz abgeben.

    Mit freundlichen Grüßen


    Dr. med. F.-J. Schingale
    ärztlicher Leiter Lympho Opt Klinik
    Pommelsbrunn
    Tel. 09154-911200
    http://www.lympho-opt.de/

  • Hallo Daniela,
    als Lymphtherapeutin in der Ambulanz mit hauptsächlich Beinpatienten, davon viele onkologische, kann ich dir aus meiner Erfahrung folgende Tipps geben.
    Alle!! Patienten bekamen nach anpassen der Kompressionsbestrumpfung mit Leibteil dickere Bäuche, z.t. liefs auch in den unteren Rücken. Der Bund schnürt einfach oben ab!! Wir haben viel an den Abschlüssen der Strumpfhosen geändert, z.B. kein Gummiband, die Höhe so korrigiert, dass das Ende nur wenig oder gar nicht zurückrollt, bei Nähten darauf geachtet, dass sie nicht doppelt liegen. Allein die tiefe Bauchatmung ließ manche Bäuche wieder dünner werden...Ansonsten verschlimmern Unterhosenbündchen und Beinabschlüsse auch das Ödem. Etliche meiner Patientinnen benutzen aus dem Grund keine Unterhosen mehr, sondern tragen zur Druckverstärkung auf das Genital eine selbst angefertigte Einlage mit einer Slipeinlage.
    Ich mache viel Lymphtaping der Bauchdecke bis in die gesunden Quadranten (Aber Vorsicht bei bestrahltem Gewerbe!) Dann wird von Seiten der Therapeuten zentral leider meist zu kurz gearbeitet, man stürzt sich ziemlich bald auf die "dicken" Beine und schiebt die Lymphe in den Bauchbereich, wo sie dann hängen bleibt.
    D.h. ich mache intensiv beide Achseln, die Flanken, Bauchdecke - ich persönlich mache keine Bauchtief, arbeite aber intensiv mit der Atmung, was auch die Patienten als Selbstbehandlungsgriffe lernen. Je nach Befund und Narbenverläufe arbeite ich fast ausschließlich im Flanken/Bauch/Hüftbereich, also Übergang der Anastomosen. D.h. z.T. 30 min auf einer Seite! An den Beinen nur, wenn Verhärtungen vorhanden sind, ansonsten wird dort nur bandagiert. Man sollte sich immer fragen, wo soll die Lymphe hin (Abfluss) und wo ist das erste Hinderniss? Staus löst man von vorn auf, schieben von hinten nutzt nix!! Das sollte sich auch der Patient immer wieder vor Augen halten.
    Ansonsten Patientenschulungskurs besuchen, z.B. zu finden bei www.bundesverband-lymphselbsthilfe.de oder vielleicht ist in der Nähe eine Lymphselbsthilfegruppe, wo man sich Informationen zu Tipps und Tricks rund ums Lymphödem, Sanitätshaus, Ärzte, Sportmöglichkeiten ect. holen kann, denn jede/r macht andere Erfahrungen.


    Viele Grüße
    Barbara Ritzkowski

  • Hallo,


    bin gerade aus meinem Wanderurlaub zurück, daher erst jetzt meinen ganz herzlichen Dank an alle die mir geantwortet haben. Auch wenn die Fachleute teilweise unterschiedlicher Meinung sind irritiert mich das keineswegs. Die genauen Untersuchungsergebnisse, MRT-Bilder liegen ja in solch einem Forum auch nicht vor. Habe mir für Ende August einen Termin in einer Fachklinik gemacht. Ich möchte einfach mal abklären lassen, ob alles bei mir "passt". Hatte im Urlaub massive Probleme mit den Füssen, da die Strümpfe meine Füße sehr stark zusammendrücken(convexe Wölbung) und dadurch beim Laufen Schmerzen entstanden.


    Liebe Grüße Sendet Euch


    Daniela

  • Es gibt aber auch da Diskussionsbedarf, zumal in einigen Bundesländern jetzt die Therapeuten auch selbst die Therapie beginnen dürfen


    Sehr geehrter Hr. Dr. Schingale


    Unter welchen Gesichtspunkten dürfen Therapeuten in welchen Bundesländern die Therapie "jetzt selbst" beginnen?
    Eine hoffnungsfrohe Frage nach Aufklärung aus der fernen lymphologischen Provinz von Schleswig-Holstein.


    L. Mertes

    Diagnose- ärztl. Verordn. - aufgeklärter Patient- lymphologisch wirksamer Funktionsverband- kooperatives Sanitätshaus- engagierte Bandagistin- Manuelle Lymphdrainage- Photodokumentation- Maßtabelle- Therapieberichte - Wissen, Lust zum Beruf- Meistens fehlt eine
    Zutat