Schmerzen nach MLD

  • Hallo.
    Ich bin Therapeutin und bitte um Überprüfung, ob meine Überlegungen Sinn machen. Für konstruktives kritisches und kostenfreies Feedback bin ich sehr dankbar.
    Seit ein paar Monaten habe ich eine Patientin - und ich schreibe hier mit ihrem Einverständnis - die mich an meine Fähigkeiten zweifeln lässt.
    Sie ist Anfang 60 hatte vor zwei Jahren einen malignen Tumor am rechten Ovar. Der Operateur wählte die TotalOP inklusvive der Entfernung von 52 LK im Becken, außerdem wurde das Omemtum majus entfernt. Unter der anschliessenden Chemotherapie stellte sich ein Ileus ein, in der folgenden Op wurde ein Teil des Dünndarms entfernt.
    Ein halbes Jahr verbrachte sie in Kliniken. Entlassen wurde sie mit immensen Bewegungseinschränkungen der Hüftgelenke, einem Ödem Bereich Schambein und beginnend Genital (große Labien), die Schmerzen waren inklusive. Die Patientin wollte zunächst zur Ruhe kommen und wurde beim Arzt vorstellig, nachdem sich ein Ödem im rechten Bein einstellte. Dieses Ödem verlief von proximal nach distal. Je nach Belastung schwoll das Bein bis in den Fuß an. ML wurde verordnet und in einer Praxis durchgeführt - ohne zentrale Vorbehandlung wurde nur das Bein drainiert (zumindest wurde es versucht). ERfolg: Keiner. Ein rundgestrickter Kompressionsstrumpf bis zur Leiste wurde verordnet. Effekt: Bein war dünner wo der Strumpf saß, oberhalb des Haftrandes schwoll es vermehrt an und Genital wurde schlimmer. In diesem Zustand wechselte die Patientin zu mir.
    Das Abdomen ist eine wahre Narbenlandschaft. Die Patientin hat starke Verwachsungen der Narben und große Schmerzen. Unterspritzungen durch den Arzt waren bislang erfolglos. Bei der Befundaufnahme wurde eine Ödemverschlechterung angegeben die tageweise unterschiedliche Ausmasse hatte. Bauch vernarbt, Mons pubis ödematisiert und fibrotisiert und damit unangenehm bei Bewegung (Polstergefühl), große Labien ebenso. Rechtes Bein ödematös bis zum OSG. Linkes Bein noch frei. Unterer Rumpfquadrant rechts dorsal ödematisiert. Ich habe die Patientin auf die Notwendigkeit eines stationären Aufenthaltes in einer lymphologischen Fachklinik aufgeklärt. Die Patientin ist allerdings so traumatisiert von den vergangenen Aufenthalten in Kliniken, dass sie dies kategorisch ablehnt. Ich habe die Schlüsselbeingrube behandelt - Hals nicht, da Patientin dies nicht möchte. Atemtherapie - der Bauchraum ist schmerzhaft und die Bauchatmung eingeschränkt. Kontaktatmung. Axilla und oberer Rumpfquadrant / Anastomose/ Unterer Rumpfquadrant / Ödem Mons pubis von ventral nach dorsolateral und über Anastomose zur Axilla. Fibroselockerung - so sanft als möglich. Bein über lateral nach dorsal nach cranial / anastomose / axilla. Nacharbeiten. Die ersten Male Bein deutlich reduziert - obwohl nur eingeschränkt zu verzeichnen, da ja sowieso tagesabhängige Ödemstärke- Schambeinhügel nicht mehr so polsterartig im Gefühl. Die Kompression des Beines durch den rundgestrickten Strumpf habe ich der Patientin nicht empfohlen, da ich denke, daß er das Ödem - dass ja sowieso auf Rumpf und Becken kommt nur ins Genital drückt. Dann lieber auf dem Bein wegdrainieren als noch mehr im Genital - soweit meine Logik.
    Ich habe sie auf die Notwendigkeit einer Kompression hingewiesen - und freilich auch die Vorteile aufgezeigt. Vorgestellt habe ich Strumpf mit Capri und Bauchteil über Anastomose evtl. mit Einlage Mons pubis. Allerdings lehnt die Patientin auch dies kategorisch ab.(Sie fühle sich dann kränker als sie sei und außerdem sei es zu warm).
    Nach ca. 4 Behandlung schilderte die Patientin mir, sie habe am Tag der ML das Empfinden einer Ödemzunahme gehabt und vermehrte Schmerzen im Bauch. Mehrbelastung wurden keine erwähnt. Ich habe dies als Hinweis genommen, dass die Behandlung vermehrt über dorsal laufen sollte - obwohl sie schon so aufgebaut war. Keine Veränderung, d.h. nach Ml Schmerzen und Empfinden einer Ödemzunahme. Die Patientin brach die ML ab. Sporadisch erschien sie noch ein paar Male und wobei nur der obere Rumpfquadrant freigemacht wurde und anschliessend entlang der Anastomosen getapet wurde. Erstaunlicherweise hielt das Tape fast 14 Tage. Die Patientin war in dieser Zeit fast schmerzfrei, so dass die Besuche beim Hausarzt eingestellt wurde. Zwei weitere Tapes (dorsale Anastomosen) wurden im Abstand von je zwei Wochen angelegt.
    Nun nach einer intensiven Schneesaison meldete sich die Patientin bei mir wieder. Rechte Bein komplett ödematisiert. Linke Bein ödematisiert bis Mitte Oberschenkel. Patientin will nach wie vor in keine Klinik, denkt aber wieder über ML und Kompression nach..... ich weiss, wünschenswert wäre eine Phase I, aber ich kann die Patientin nur abholen, wo sie steht :(
    So und hier meine Fragen, die mir nicht aus dem Kopf gehen:
    - Habe ich etwas falsch gemacht und wenn ja was?
    - Haben Sie so etwas schon einmal gehört / erfahren?
    - Gibt es etwas was ich ändern kann oder der Patientin noch mit auf ihren Weg geben kann?
    Für Informationen, Feedback und ähnliches bin ich sehr dankbar.
    Gruss. Bettina

  • Kurzgefaßt:a: Bei der Patientin ist als erstes ein Restaging onkologischerseits erforderlich.b:Dann eine lymphologische fachärztliche Untersuchung.
    Die Therapieempfehlungen sind von dem Ergebnis von a und b abhängig.Therapieaufbau soweit geschildert soweit o.k.Kompression wäre sinnvoll.Allerdings vielleicht(s.o.) liegt eine Palliativsituation vor,dann passt sich die Therapie völlig an Patientenwünsche an
    MfG
    Dr.Martin

  • Hallo Dr. Martin.
    Onkologisch ist sie unauffällig - hatte ich nach der ersten Schmerzschilderung und Ödemverschlechterung zur Abklärung mitgegeben. Einen lymphologisch tätigen Arzt wird sie nicht aufsuchen, ich hatte ihr bereits - wohnortnah - versucht Adressen zu vermitteln.
    Sie ist von Kliniken und Ärzten schwer enttäuscht, da sie das Empfinden hat zur Invalidin operiert worden zu sein. Nun hofft sie auf die Selbstheilungskräfte des Körpers.
    Ich versuche es einfach noch ein paar Mal sie zum lymphologisch versierten Arzt zu bringen.
    Vielen Dank.
    Gruss. Bettina

  • Auf Grund der raschen Ödemzunahme , der geschilderten Symptome , fehlender Zusatzursachen für eine Ödemverschlechterung ( Erysipele,Thrombosen..)sowie der Tumorart habe ich nach 30 Jahren oncologischer Erfahrung doch gewisse Zweifel an der Tumorremission.In jedem Fall keine Bauchdrainage(Zu.n.schweren Bauch Op`s , Narben und Verwachsungen)
    MfG
    Dr.Martin

  • Hallo Dr. Martin.
    Ich werde die Patientin noch einmal auf eine onkologische Untersuchung hinweisen. Angesichts ihrer bisherigen Aussagen, habe ich allerdings Zweifel, daß sie zum Onkologen geht.
    Bauchtiefdrainage war bei ihr noch nie ein Thema.
    Vielleicht überzeugt sie ja dieser Schriftwechsel..... und sie geht zum Restaging.
    Vielen Dank für die schnellen Antworten.
    Mit freundlichem Gruß. Bettina