MLD unrentabel

  • Ich arbeite in einem kleinen, feinen Krankenhaus, in dem wir uns durch eine sehr rührige Chefärztin, die sich einen guten Ruf als Wundspezialistin gemacht hat, auch auf dem Gebiet der Lymphdrainagen mittlerweile einen festen Platz bei Ödempatienten haben. Der Ruf ist so gut, daß wir uns vor Rezeptanmeldungen von Ödempatienten, die ambulant zu uns kommen wollen, kaum retten können. Mit dem bestehenden Personal ist der Arbeitsaufwand nicht zu bewältigen und wir würden uns im Kollegenkreis über Zuwachs freuen.


    Jeder weiß, das in unserem Gesundheitswesen Sparen angesagt ist, vor allem in den Krankenhäusern. Also wird eine Kosten/Nutzen Rechnung aufgestellt. Und wie sich jeder denken kann, kam heraus, daß der Erlös, also das was wir Therapeuten/Krankenhaus für unsere geleistete Arbeit von den Krankenkassen bekommen, bei weitem nicht den Aufwand (Personalkosten etc.) deckt.
    Fazit: wir können keine Lymphdrainagen ambulant mehr anbieten. Wir können es uns schlicht und einfach nicht mehr leisten und beschränken uns mit dem vorhandenen Personal auf stationäre Arbeit.


    Ich verstehe meinen Arbeitgeber und stehe voll hinter dieser Entscheidung, denn nichts ist überzeugender als Zahlen.


    Leid tut es mir für unsere Patienten, die ich gerne über den stationären Aufenthalt weiterhin ambulant in kompetenter Weise begleitet hätte.
    Ich werde nicht müde, immer wieder an Verbände und MDK und Krankenkassen zu appelieren, endlich die Erlösverhandlungen so zu führen, daß Patienten sowie Therapeuten nicht auf der Strecke bleiben.
    Biene

  • *dumme Frage*
    bekommt ihr bei stationärem Aufenthalt mehr Geld von der Krankenkasse für MLD? als bei ambulaten Terminen?


    würde mich nur mal so interessieren, bin kein Held auf dem Gebiet der Kostenrechnungen :> Und es sind bestimmt noch mehr Faktoren in diese Entscheidung mit eingeflossen.
    Welche....ist immer schwer nachzuvollziehen für Aussenstehende.
    LG

  • Beim stationären Aufenthalt greifen die DRG´s, d. h. die Kasse zahlt für den "Fall" (Krankheit des Patienten) einen einmaligen, festgesetzten Betrag an die Klinik. Da haben wir unseren Anteil dran.
    Bei den ambulanten Rezepten wird unser Stundenlohn zur Rentabilitätsberechnung zu Grunde gelegt. Und der ist eben in der Berechnung um ein vielfaches höher als der Betrag, den die Kasse für eine Stunde Lymphdrainage bezahlt. Also würde die Klinik draufzahlen. ;(
    Das macht kein Betrieb.
    LG

  • Ja kann ich gut verstehen das es für Euer KH so nicht mehr tragbar ist .Hört man doch immer wieder das Therapeuten keine ML Patienten mehr annehmen möchten da sie sonst nicht mehr auf Ihre Kosten kommen .
    Auch kein Wunder das Therapeuten extrem lange Arbeitszeiten haben ,wo andere schon aufdie Barrikade gehen würden ,aber nur so ein Überleben möglich ist .Mann darf ja auch nicht sehen was der Therapeut bekommt ich glaube 45 min 22 Euro .Man muss sehen was nach Abzug aller kosten über ist (wenn was übrig ist ).Ist also der Teil der Lymphpatienten zu hoch wird es unrentabel .
    Würde mich nur interessieren ist dann die KG oder Massage rentabler ?
    ;( Schade da wird es nun kein Allgäuurlaub geben ;( .
    Gruß Stine

  • In der Theorie haben Sie absolut recht.


    In der Praxis sieht es mittlerweile so aus:
    Während der Lymphdrainage habe ich 60 Min. die Hand am Patienten, kann nichts nebenher machen.


    Bei KG (15-20 Min Behandlung lt Krankenkasse) schaffe ich 3 Behandlungen/Std. 3 Patienten liegen derweil in der Fangopackung, 2 bekommen Elektrotherapie und und und...Wenn KG Neuro abgerechnet werden kann, liegt der Satz bei annähernd 50 Euro/Std. (bei 3 Pat./Std.) Da kommt MLD nicht hin.
    Pro Therapeut laufen in den Praxen meist 6 Behandlungen in einer Stunde. Da sieht die Abrechnung schon anders aus.


    Ich würde mir wünschen, daß mehr Praxisinhaber hier posten, doch dieses Forum ist hauptsächlich als Patientenforum bekannt.
    Liebe Patienten, fragt doch mal in euren Physio-praxen nach, wie es so gehandhabt wird. Die wenigsten können es sich leisten, der Lymphdrainage ein großes Zeitfenster einzuräumen. Mld wird meist zur Patientenbindung hergenommen. Der Verlußt wird in Kauf genommen mit der Hoffnung auf lukrativere Verordnungen.


    LG, Biene

  • Grüß Gott!


    Ich bin ein Praxisinhaber und muss Biene in jeder Weiße recht geben, denn hier in Bayern klingt es ersteinmal gut: MLD 60 , d.h. rund 36,50 € stehen gegenüber einer KG+Elo Behandlung für rund 18,-€ (Zahlen von den Primärkassen).
    Jetzt darf man aber nicht vergessen: 20minuten Takt ist WIRTSCHAFTLICH SINNVOLL!!! Das heißt: 18x3= 54,-€pro Stunde!!!
    Jetzt wäre ich ja schön dumm wenn ich meine Terminbücher mit MLD60 Patienten vollmache!Also habe ich offiziell "keinen Platz mehr"!Ich bin bei weitem nicht der einzigste meiner Kollegen hier im Umland!Patienten haben stellenweise regelrechte Odyseen hinter sich eh diese einen Termin bekommen!!


    Jetzt kommen evtl. PT`s und behaupten: Jeder MLD Patient ist ein Langfristiger Patient, dies mag so sein, aber auf längere Sicht kann ich meinen Laden schliessen, weil mich die Nebenkosten aufressen. Denn mal ganz ehrlich, für diesen Bruttoumsatz der hier maximal möglich ist, kann kaum einer bestehen!!



    Fazit: MLD60/45/30 lohnt sich höchstens noch bei Privatpatienten und die dürfen gut draufzahlen das es sich für einen selbständigen PT lohnt!
    Wir PT`s sollten uns auf irgendwelchen Ly- Kongressen in diesem Land aufhören, in den Himmel zu loben (Forschung, Erkenntnisse blabla-eh fast immer dasselbe!!) und endlich mal tacheles reden: Solange unsere Verbände nicht zu potte kommen, die Zahlen anzupassen, so dass es gegenüber einer KG auch lohnenswert ist, solange geht es mit der Lymphe weiter Bergab und irgendwann wird es nur Lymphomaten geben....was die bringen weiß JEDER MLD-Therapeut!
    Gruß Oranje

  • @oranje


    So, jetzt sag ich mal, was ich mir bei dem Beitrag spontan gedacht habe, so gerade heraus:


    Es gibt Verteilungsungerechtigkeiten innerhalb der einzelnen Facharzt- und Therapeutengruppen/Therapiearten, die meiner Meinung nach zu bereinigen sind, dies kann aber nicht auf dem Rücken der Patienten geschehen. Der durchschnittliche Therapeut steht sicher insgesamt gesehen so schlecht nicht da.


    Mein Sohn ist Grafikdesigner, um einen Auftrag zu bekommen, den er auch abrechnen kann, muss er bis zu 10 Entwürfe einreichen/an Ausschreibungen teilnehmen, unbezahlt natürlich. Er hat dafür 6 Jahre studiert, auf eigene Kosten, und hat - um dem was jetzt als Argumentation wahrscheinlich kommt vorzubeugen, auch ständig Fortbildung zu machen, auch aus eigener Tasche zu zahlen, um sich auf dem Markt zu behaupten. Wie viele andere Selbstständige übrigens auch. Aber auch jeder Handwerker muss genauso kämpfen und verdient auch nicht mehr.


    Niedergelasssene Ärzte und Therapeuten sind ja keine Unternehmer, auch wenn sie sich gerne als solche bezeichnen möchten. Es sind "Halb-Beamte" in meinen Augen. Sie genießen Gebietsschutz, d.h. man setzt ihnen keine unzumutbare Zahl von Konkurrenten in die unmittelbare Nachbarschaft, oder ist das nicht richtig? Sie haben wenig Kosten für Werbung, sie müssen meist nicht mühsam um Kunden buhlen und sie müssen den Großteil ihrer Einnahmen nicht mühsam durch Inkassoverfahren eintreiben, sondern bekommen das Geld von den Krankenkassen überwiesen. In der Regel ist ihr Laden überfüllt, ob sie nun gute oder schlechte Arbeit abliefern, weil sie sich gegen Kontrolle von außen abschotten und es z.B. seit Jahren erfolgreich verhindern, dass Kassenpatienten ihre Rechnungen einsehen können und unterschreiben müssen, bevor sie an den großen Zahlmeister weitergegeben werden. Ein Recht, das zumindest jeder Kunde eines Handwerksbetriebes genießt, oder?


    Und jetzt arbeiten sie also fast "umsonst". Ich kann es nicht mehr hören. Alle Selbständigen, die ich kenne, arbeiten jede Menge und reichlich umsonst, bevor sie eine Rechnung stellen können. Entscheidend ist doch das, was an Verdienst rausschaut und das ist bei den meisten Ärzten und Therapeuten noch immer sehr ordentlich. Ob sie dann mal die eine oder andere Untersuchung/Therapie nicht abrechnen können, ist doch nebensächlich.


    In diesem System ist so viel Geld, das es nicht sein kann, das jetzt auf Kosten der Patienten an Leistungen gekürzt wird, die in der Mischkalkulation enthalten sind. Und sollte das Geld beispielsweise in der Pharmaindustrie versickern, dann möchte ich, dass die Damen und Herren Ständevertreter diese Gruppe auch direkt angreifen und mit ihnen abrechnen und nicht ständig davon faseln, dass "die medizinische Versorgung gefährdet ist" und wir "auf eine Zwei-Klassen-Medizin zusteuern". Als gäbe es keine Alternative, als Patienten rauszuschmeissen, die dummerweise eine Krankheit haben, die kostenaufwendig ist. Ist die medizinische Versorgung gefährdet oder haben wir vielleicht nicht auch auch ein paar Ärzte/Therapeuten zuviel, die alle mit aus dem Topf ernährt werden wollen?


    Welche Möglichkeiten habe ich denn als Patient? Ich kann nicht einfach eine andere Partei wählen und dann wird es schöner für die Ärzte und Therapeuten. Ich kann nur hoffen, dass sie mich auch dann behandeln, wenn sie nur 36,50 Euro für mich in der Stunde bekommen.


    Verdienen tun die Ärzte/Krankenhäuser nach wie vor an denen, die einmal im Quartal ihren Schnupfen in die Praxis tragen und dann nicht mehrkommen. Böse Patienten sind solche wie ich, die so dreist sind wiederzukommen, und das zweimal die Woche für nur jeweils 36,50 € die Stunde. Böse sind also die chronisch Kranken, aber letztlich ist es doch eine Mischkalkulation aus denen, die sich rentieren und denen, die was mehr kosten. Und um den Bogen zum Anfang zu schlagen, am Ende schaut für die meisten Ärzte/Therapeuten dabei immer noch genug raus.


    Zu sagen:

    Zitat

    „Jetzt wäre ich ja schön dumm wenn ich meine Terminbücher mit MLD60 Patienten vollmache! Also habe ich offiziell
    "keinen Platz mehr"! Ich bin bei weitem nicht der einzigste meiner Kollegen hier im Umland! Patienten haben stellenweise regelrechte Odyseen hinter sich eh diese einen Termin bekommen!!“

    klingt in meinen Ihren arrogant und zynisch und für mich weit weit weg von menschlicher Medizin! Was haben Sie in früheren Zeiten in Ihre Bewerbungen geschrieben, oder waren Sie schon immer selbständig? Stand da nicht eigentlich sowas wie "Interesse an Menschen, Hilfe etc"? Oder schrieben Sie ehrlicherweise: "Hauptsache, die Kohle stimmt, daher will ich diesen Job"?


    Und wenn das System so unmenschlich ist, und die Therapeuten in diesem Fall wirklich „draufzahlen“ sollten, was ich in der Gesamtheit der Einnahmen bezweifel, wenn sie vielleicht so „dumm“ sind, und chronisch Kranke annehmen, meine ich, sollten SIE in ihren entsprechenden Berufsverbänden dafür sorgen, dass die Verteilung gerechter wird, d.h. für mehr Leistung (60 Minuten MLD) auch mehr bezahlt werden muss, und dies aber nicht auf dem Rücken der Patienten austragen. Die sind nämlich in der schwächsten Position dabei und leiden ganz direkt darunter.


    Ich gönne jedem Arzt, jedem Therapeuten seinen Verdienst. Und dass sich hier Ärzte und Therapeuten z.B. freiwillig und hier oder woanders umsonst engagieren, um Betroffenen zu helfen, finde ich gut und zeigt, dass es auch andere gibt, die nicht die Kohle im Vordergrund sehen. Aber eine solche Aussage von einem Therapeuten, und zwar noch als seinem einzigstem Beitrag, dazu noch in einem Betroffenenforum, und noch mit tausend Ausrufungszeichen versehen, da platzt mir jetzt mal die Hutschnur! Ganz ehrlich.

    Einmal editiert, zuletzt von Tine K. ()

  • Ich finde es daneben einem Praxisinhaber solche Unterstellungen an den Kopf zu knallen. Selbstverständlich verstehe ich deinen Frust als Patient wenn du so etwas hörst. Du hast allerdings nicht ansatzweise verstanden, welchen Kampf ein Unternehmer heutzutage leisten muss um sein Unternehmen am laufen zu halten. Es handelt sich nämlich nicht um Halbbeamte in weiß - es handelt sich ganz klar um Unternehmer. Und die machen den Laden zu wenn die Einnahmen die Kosten nicht mehr decken!


    Wenn man für die diskutierte MLD60 eben einen Stundensatz bekommt der deutlich unter dem normalen Stundensatz liegt stößt man an seine betriebswirtschaftlichen Grenzen. Gefordert sind qualifizierte Therapeuten die engagiert am Patienten arbeiten - keine Frage. Sollten man in seiner Praxis allerdings viele MLD`s haben, sind kalkulatorisch keine fairen Löhne und Gehälter drin. Wenn die dann der Praxisinhaber aus ach so sozialen Gründen zahlt, bleibt an Gewinn für die Praxis nichts mehr übrig und das wäre betriebswirtschaftlicher Blödsinn.


    Der Blödsinn kennt ja keine Grenzen......ein Therapeut opfert einen Monat seines Urlaubes für die Fortbildung manuelle Lymhfdrainiage, zahlt 1500€ reine Kursgebühr plus Fahrt- und Übernachtungskosten um dann den Umsatz in einem Unternehmen nicht anzuheben sondern zu drücken. Das ist eigentlich Blödsinn! Erzähle das mal jemanden in einer anderen Branche - der lacht dich aus. Behaupte also nicht, dass ein Praxisinhaber oder auch andere Therapeuten nur die schnelle Kohle verdienen wollen und null am menschlichen interessiert sind!


    Engagenment und Interesse am Menschen sind für die meisten Therapeuten Anlass gewesen in diesem Job tätig zu sein. Nur von Idealismuss kann man allerdings seine Rechnungen am Monatsende nicht bezahlen. Der Fehler liegt im System und nicht beim PI oder beim Therapeuten. Die Forderungen nach gerechterer Vergütung dieser Therapie ist schon alt - bewegt hat sich allerdings nichts! Den Weg zu nehmen, diese Therapie nicht mehr unbegrenzt anzubieten, ist eine logische Konsequenz auf das Nichthandeln von Interessenverbänden und Krankenkassen - leider zu Lasten der Patienten. Ich habe volles Verständnis dafür, dass dies eine absolut untragbare Situation darstellt. Den schwarzen Peter zum Therapeuten zu schieben, der unsozial und nicht am Mensch interessiert ist weil er sich aus deiner Sicht eine goldene Nase verdient ist falsch. Da gehört ein wenig mehr Recherchearbeit und vor allem betriebswirtschaftliches Denken dazu.

    Einmal editiert, zuletzt von Tabaluga ()

  • Danke, Tabaluga, du hast mir aus der Seele geschrieben.
    Liebe Tine K., der Artikel strotzt nur so von Unkenntnis, daß ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll. Oder ist der Sinn des Schreibens die Diskussion etwas anzuheizen, dann kann ich nur sagen: gelungen.


    1. Es ging um Therapeuten, nicht um Ärzte. Kein Therapeut hat Gebietsschutz. Selbst im gleichen Haus kann die Konkurenz aufmachen. Wald und Wiesen Masseure, die einen 4 Wochen Schnellkurs (keine Ahnung von Anatomie etc.) machen für Selbstzahler Praxen/Institute auf und können fröhlich drauflos arbeiten, meist für Dumping-preise (Massage 5€) und der deutsche Schnäppchenjäger freut sich und erkennt den Unterschied erst nach langer, oft schmerzhafter Informationsralley. Richten darfs der Physio. Das zum Thema Mischkalkulation.


    2. Keine Werbungskosten? Wer sieht als Patient die Besuche bei den Ärzten um sich bekannt zu machen? Und: Wer kennt die Lauferei mit falsch ausgefüllten Rezepten? ( Was die Kassen gern zum Anlass nehmen, das ganze Rezept nicht zu bezahlen, weil z. B. statt Ly2a nur Ly2 draufsteht)


    3.mühsames Inkasso? Warum lassen die Praxisinhaber v.a. die Privatpatienten mit Beihilfeberechtigung Praxisverträge unterzeichnen? Weil eben immer mehr Rechnungen eingeklagt werden müssen. Die Zahlungsmoral ist nicht gut, das weiß jeder Selbständige.


    Mein Mann betreibt ein kleines Sportgeschäft. Als ein bekannter Kunde nach hartnäckigem Handeln selbst meinen gutmütigen Mann an den Rand der Möglichkeiten brachte, meinte der Kunde: da geht doch noch was, da hast du ja noch dran verdient! Daraufhin fragte mein Mann: ja darf ich denn garnichts verdienen? Soll ich die Ware in Vorleistung kaufen und Miete, Strom und Heizung selber tragen? Genauso geht es den Therapeuten. Therapeuten wohlgemerkt, nicht Samariter. Wir wollen Aufklären über den Mißstand in unserem wertvollen Gesundheitswesen. Nicht Keile zwischen Behandler und Betroffene treiben.


    Ein schönes Wochenende wünscht
    Biene

  • Anja,


    danke für die sachliche Antwort, auch wenn ich zugegebenermaßen vielleicht etwas „unwirsch“ schrieb. Sorry, Aber es hat mich aufgeregt, dass die Patienten wieder mal diejenigen sind, die unter dem Frust anderer leiden müssen.Ich denke nämlich, dass Therapeuten und Patienten eigentlich an einem Strang ziehen sollten, und wenn man genauer liest, was ich schrieb, ist es gerade die "Bestrafung" der Patienten, die mich aufgeregt hat. Es ist sowieso schon schwer, einen guten Therapeuten zu finden, und wenn man dann noch abgewiesen wird aus finanziellen Gründen, ist das einfach nicht richtig. Patient und Therapeut leben sozusagen vom anderen, da sollte untereinander auch mehr Verständnis herrschen.


    Zum Rest, auch an die Einmalposter: Lesen im Zusammenhang kann helfen! ;)


    „Den Weg zu nehmen, diese Therapie nicht mehr unbegrenzt anzubieten, ist eine logische Konsequenz auf das Nichthandeln von Interessenverbänden und Krankenkassen“


    Nein! Und genau darum ging es mir. Es gibt nicht nur den einen Weg, nämlich die Leistung nicht mehr anzubieten bzw. vorzuenthalten. Eine logische Konsequenz wäre es zumindest AUCH, sich zu organisieren und über die eigenen Verbände etwas zu erreichen, um die Situation und Bezahlung zu verbessern. Da kann doch der Patient nichts für!


    Ich weiß übrigens auch genau, wie es ist, „welchen Kampf ein Unternehmer heutzutage leisten muss um sein Unternehmen am laufen zu halten“. Auch in anderen Branchen tummeln sich schwarze Schafe, auch das kann den Patienten nicht angelastet werden, und soviele dumme Patienten, die nur das Billige vorziehen, auf Kosten ihrer Gesundheit, gibt es glaube ich, nicht, wie hier suggeriert wird.


    Ich nehme es jedenfalls nicht krumm, wenn ich hier als dumm dargestellt werde, ohne jegliches wirtschaftliche Einsehen - ich weiss ja, woher es kommt. Nein, im Ernst – ich verstehe euch Therapeuten sehr gut. Klar arbeitet man nicht auf Ehrenamt, das tu ich auch nicht, aber es gibt nunmal auch Ausgaben, die nötig sind, um Einnahmen zu haben. Dazu gehört eben auch Fortbildung (in allen Berufen) und z.B. das hier genannte das lästige "Sich-Vorstellen" bei neuen Ärzten (wie oft macht man das denn eigentlich?). Gebietsschutz für Therapeuten – habe ich auch als Frage gestellt. Das wird dann einfach überlesen, aber es ist ja auch zu schön, nur die Stichwotre rauszupicken, die "passen". O.k., Bestandsschutz für Therapeuten gibt es offensichtlich nicht, das wusste ich nicht. Deshalb hatte ich gerade das auch als Frage formulierrt. Aber das Andere?


    Wegen falsch ausgefüllter Rezepte rennnen normalerweise die Patienten hin- und her, nicht die Therapeuten, so zumindest meine Erfahrung, und der Rest, kann der nicht auch per Post erledigt werden? Inkasso bei Privatpatienten? Kann ich mir durchaus vorstellen. Aber warum werden dann gesetzlich Versicherte nicht behandelt, oder muss man bei den Krankenkassen neuerdings auch ein Inkassobüro einschalten? Eine ernstgemeinte Frage: Wird eine Serie von Lymphdrainage nicht bezahlt, nur weil auf dem Rezept eine falsche Abkürzung steht? Und wenn ja – kann man das nicht auch vorher klären, bevor man anfängt zu arbeiten? Dumme Fragen im Einzelnen, ich weiß.


    Und wo gerade von Unterstellungen gesprochen wird - Biene, mich als etwas einfältig hinzustellen und mir zu unterstellen, mir fehle jegliches betriebswirtschaftliche Denken, ist schon ein starkes Stück, nur weil meine Meinung nicht genehm ist. Aber ich bin ja auch nur Patientin, nichts weiter.


    „Wir wollen Aufklären über den Mißstand in unserem wertvollen Gesundheitswesen. Nicht Keile zwischen Behandler und Betroffene treiben.“


    Der ist wirklich gut! Du sagst es ganz richtig: Du bist Behandler, ich betroffen. Dann lass deine Wut an den Kassen/der Politik aus, nicht an den Patienten. Mehr sage ich ja gar nicht.


    Denn wenn keine Keile zwischen Behandler und Betroffene getrieben werden sollen, kann es als einzige Konsequenz auch nicht richtig sein, alle Patienten mit MLD abzuweisen, weil es sich finanziell nicht lohnt. Das ist sonst irrational.


    Ein schönes Wochenende, auch von mir!

    2 Mal editiert, zuletzt von Tine K. ()

  • Liebe Tine K.,


    genau du hast das bestätigt, was man jeden Tag erlebt. Viele Patienten wissen von vielen Dingen wie gesundheitspolitische Problemen, Angelegenheiten mit Ärzten, Kassen, Abrechnungskürzungen gar nichts. Das erwartet auch keiner vom Patienten. Dann solltest du allerdings, wenn du Schelten verteilst, wirklich umfassender informiert sein. Dumme Fragen hast du allerdings nicht gestellt!!!!....also nicht falsch verstehen.
    Ja, Rezepte werden von Krankenkassen teilweise komplett abgesetzt, sprich nicht erstattet, wenn der kleinste Formfehler auf dem Rezept vorhanden ist.
    Ja, genau die Korrektur von dem Ganzen machen die Praxen (meistens) selbst, weil die Patienten keinerlei Ahnung davon haben, was gemäß den Heilmittelrichtlinien/Heilmittelkatalog draufstehen muss. Genauso keine Ahnung haben auch oft die austellenden Arzthelferinnen. Wir (in unserer Praxis) müssen ca. 20% unserer Rezepte ändern lassen und damit beschäftige ich ca. 5 Stunden in der Woche in meiner Freizeit.
    Alternativ kann man natürlich das Ganze vorher in der Praxis prüfen lassen. Sollte es sich dann um formale Fehler handeln die dann der Patient ändern lässt, ist bis zum Behandlungsbeginn unter Umständen das Rezept schon wieder ungültig weil zu spät begonnen werden würde. Den Schuh, möglichst zeitnah eine Behandlung zu beginnen und dann kein korrektes Rezept zu haben zieht sich der Therapeut an. Das alles zur Abrechnung mit der Krankenkasse gerade zu biegen ist ein Service des Therapeuten/PI`s der ganz selbstverständlich hingenommen wird.
    Ja, endlos viele Therapeuten organisieren/organisierten sich in Berufsverbänden um gegen diese Missstände vorzugehen. Passiert ist da nicht sehr viel. Im Gegenteil...bei Klagen gegen gekürzte/nichtbezahlte Verordnungen wurden durch Urteile deutschlandweit letztes Jahr alle Physiotherapeuten abgestraft. Es wurde beispielsweise höchstrichterlich festgestellt, dass ab sofort der Praxisinhaber/Zulassungsinhaber zur Prüfung der Rezepte durch den verordnenden Arzt verpflichtet ist. Das heisst, jeder kleinste Fehler den der Arzt oder seine Arzthelferin macht wird bei Nichterkennen durch komplette Nichterstattung bestraft. Das bedeutet sehr wohl, dass wegen einer Banalität mal eben 6 Stunden Arbeit (6+MLD60) mit Null erstattet wird. Das dies wirtschaftliche Konsequenzen hat ist sicherlich klar.
    Die Diskussion ist leider abgedriftet. Leider darf man als selbständig Tätiger nicht mehr die Äußerung tätigen, dass bei dem Stundensatz die Schmerzgrenze nach unten unterschritten wird. Ich frage mich ganz ehrlich, wie sich die Vertreter solcher Gedanken die Arbeitsstunde beim KfZ Mechaniker oder Heizungsmonteur vorrechnen lassen. Ich hoffe bei dieser Art von Äußerungen ist das Lohngefüge gerade im Bereich Physiotherapie in Deutschland bekannt. Davon gehe ich allerdings nicht aus. Bei genauer Recherche wird man feststellen, dass die Löhne auf absolut unterem Niveau angesiedelt sind und stellenweise von Putzjobs getoppt werden.
    Ja mir gefällt mein Job als PT und PI. Ich habe allerdings Verantwortung. Verantwortung gegenüber mir, meiner Familie meinen engagierten Mitarbeitern die mittlerweile an 6 Tagen in der Woche auch zu fast jeder Zeit arbeiten - und natürlich auch gegenüber meinen Patienten. Weil ich dieser Verantwortung gerecht werden muss lasse ich es mir von keinem erklären wie ich betriebswirtschaftlich denke und auch daraus resultierende Entscheidunge treffe.
    Das alles hab ich versucht mal sachlich darzustellen nachdem der erste Praxisinhaber ja "ausgebuht" wurde. Umfassende Informationen muss man sich tatsächlich anlesen oder sonstwie holen um den Beitrag von Oranje nicht als Provokation zu anzusehen sondern als Realität.
    Eines ist allerdings real. Praxen ohne Zulassung zur MLD nehmen zu und der Grund ist nicht weil keiner Bock drauf hat. Vielleicht ist es gut die Inhalte dieser Darstellung zu recherchieren und zu hinterfragen und sich dann eine eigene Meinung zu bilden. Mich persönlich würde allerdings auch die Meinung anderer Patienten interessieren.


    Mit besten Grüßen - Tabaluga

    3 Mal editiert, zuletzt von Tabaluga ()

  • Hallo TineK,
    jetzt fühle ich mich aber zu Unrecht angegriffen. In keiner Zeile schreibe ich dir betriebswirtschaftliches Denken ab. Schreibt ein anderer. Auch stelle ich dich nicht als einfältig hin.


    Und ja, bei uns sind es die Therapeuten, die die Sprechstundenhilfen besuchen um Rezepte umändern zu lassen, zusammen wird dann ausgefüllt und es paßt dann. Man pflegt einen angenehmen Umgang.


    Und ja, der niedergelassene Therapeut stellt sich immer wieder dem Arzt vor. Denn er ist auf gute Zusammenarbeit mit der ganzen Praxis angewiesen. Denn gern fragt der Pat. in der Arztpraxis nach, wo kann ich denn hingehen, wen empfehlen Sie mir denn so?


    Und ja, den Therapeuten stehen etliche Verbände zur Wahl und er kann sich aussuchen, von welchem er sich gut vertreten sieht. Doch ähnlich wie in der Parteienlandschaft oder der Vielzahl an Krankenkassen ist ein Vielerlei nicht immer mit besseren Vertretern verbunden. Du schreibst, Pat. und Th. leben voneinander und es sollte mehr Verständnis herrschen, aber von Verständnis kann man nicht abbeißen, wie Tabaluga ganz richtig schreibt.


    Und nein, Wut kann ich in meinen Zeilen nicht lesen. Ich möchte Patienten helfen, weiterhin gute Therapeuten zur notwendigen Therapie zu finden.


    Wenn jetzt Kliniken erkannt haben, daß zu dem Entgelt, welches die Kassen bereit sind zu zahlen, weiterhin nicht Unkostendeckend gearbeitet werden kann, dann muß doch wohl etwas dran sein. Deshalb keine ambulanten Rezepte in unserer Klinik mehr. Darum ging es doch ursprünglich!


    Wie soll es erst dem Praxisinhaber draußen gehen? Was machst du denn so beruflich?
    TineK, ich will dir absolut nichts böses.
    Aber so wie du schreibst kommt es recht flott und provokant, mit einem leicht aggressiven Unterton rüber. Da mußt du dir auch gefallen lassen, daß dementsprechent von einigen Mitschreibern geantwortet wird.
    Und es dürfte doch keinen Unterschied machen, ob jemand einmal, zehnmal oder dauernd postet. Meinung ist Meinung.
    Und ich fand meinen Beitrag jetzt doch ganz sachlich. Oder?
    Gruß, Biene

  • Hallo Biene,
    ich hab dich tatsächlich zu Unrecht angegriffen, denn ich hätte nicht dir antworten sollen, als ich las, dass ich angeblich noch nichtmal ansatzweise verstanden habe, welchen Kampf ein Unternehmer heute leisten muss, um sein Unternehmen heute am Laufen zu halten. Wie gesagt kenne ich viele Kleinunternehmer und auch Handwerker, die täglich kämpfen. Auch mein Freund hat eine 60-Stunden-Woche, wenn er als Anwalt täglich "Sozialfälle" vertritt und sein Geld in nur jedem zweiten Fall sieht. Da wird kein Inkasso geschickt - da wird ausgebucht. Ich selbst arbeite übrigens mit behinderten Menschen.


    Zu meiner "flotten und provokanten" Antwort mit dem "leicht aggressiven Unterton" habe ich mich hinreissen lassen, weil vor allem ein Therapeut hier in einem Forum für Betroffene als seinem ersten und einzigem Beitrag schreibt, wörtlich: "Jetzt wäre ich ja schön dumm wenn ich meine Terminbücher mit MLD60 Patienten vollmache!Also habe ich offiziell "keinen Platz mehr"! Da mußt ER sich vor allem auch gefallen lassen, daß dementsprechent von einigen Mitschreibern geantwortet wird. Denn wir befinden uns hier in einem Forum für Betroffene, von daher finde ich es nach wie vor ziemlich dreist.


    Biene, ich habe etwas geblättert bei dir und etwas gelesen und denke, dass du eine sehr engagierte Therapeutin bist, von daher Sorry, es sollte dich wirklich nicht treffen. War wohl falsch, überhaupt zu antworten. Vielleicht auch nur ungewöhnlich, denn Patienten sind normalerweise ja eher still und duldsam, als flott und provokant, aber manchmal bin ich es nur noch leid, nur als "Kostenfresser" gesehen zu werden, um die man sich am besten nicht kümmert, weil es nicht finanziell "lohnt". Eine niedergelassene Ärztin wollte mich einmal nicht behandeln mit der Begründung: "Sie sind ein Faß ohne Boden". Ich habe zwei Tage geheult deswegen.


    Insgesamt war die Diskussion aber dennoch nicht schlecht, finde ich, denn gerade auch solche Dispute zeigen recht deutlich, welche Probleme jede Seite hat.


    Vielleicht sollten Patienten und Therapeuten/Ärzte mal gemeinsam auf die Straße gehen? So, und jetzt möchte ich nichts mehr sagen, das geht mir sonst wirklich an die Nieren, und ich habe Probleme genug.


    LG Tine

  • Na wunderbar. Da sind wir ja auf wundersame Weise einig.
    Genau das war mein Anliegen: Die 4einigkeit von Patienten, Ärzten, Therapeuten und Sanihäusern gegen den Rest der Welt :thumbup:
    Der böse Bube liegt im Gesundheitssystem samt Verteilern.
    Und falls wirklich mal die Möglichkeit besteht, in irgendeiner Form laut und deutlich Position zu beziehen, hoffe ich, daß wir Betroffene (denn das sind wir vier in diesem Fall) auch die Gelegenheit beim Schopf packen und es auch gemeinsam tun.


    Vielen Dank für die fruchtbare Diskussion, nur wenn wir miteinander reden, kommen wir zusammen!
    LG,
    Biene

  • So jetzt möchte ich mich auch noch einmal zu Wort melden!
    Ich persönlich hatte mir zwar eine angeregt Diskussion gewünscht, aber anscheinend habe ich mich auch etwas zynisch ausgedrückt und damit manch einen auf den "Schlipps" getreten?!
    Tut mir Leid, aber wie es schon erwähnt wurde: Dem Frust luft machen!
    Ich weiß dies hier ist ein Patienten Forum, und genau da wollte ich auch hin!Denn wenn man in gängige Physioforen hineinschaut, wird Lymphe als Stiefkind abgetan und sehr oft hat man das Gefühl der "Kampf" um adäquate Bezahlung für eine qualitativ hochwertige Therapie wurde aufgegeben.


    Es ist nun mal ein stetiger Kampf - auch auf dem Physio Markt - und ich finde es persönlich erschreckend was der Patient für seinen Krankenkassenbeitrag bekommt und genau deswegen ist es doch wichtig das Therapeut + Patient nicht nur Behandlungsbezogen voneinander profitieren, sondern gemeinsam sich stark machen für ein bessere Gesundheitspolitik!!
    :)